Vorläufig keine Erhöhung der Trinkwassergebühren

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Rezension einer Ausschuss-Sitzung

Nur die Vertreter der beiden Lokalzeitungen und zwei Bürger waren Zuhörer der vorletzten diesjährigen Aufführung TRINKWASSER im Bornheimer Rathaus. Es begann mit einem Intermezzo zum

Gutachten über eine mögliche Gefährdung der Wasserversorgung.

Gleich zu Beginn der Sitzung konnte man die in der Luft liegende Anspannung bemerken, als ich die Sitzungsleitung fragte, warum erst im Dezember im Mobilitäts-/Verkehrsausschuss das bislang unter Verschluss gehaltene Gutachten über die Beeinträchtigungen unseres Wasserwerkes (beim Neubau einer Rheinbrücke) vorgestellt und diskutiert werde. Das Gutachten gehöre doch eigentlich heute hier im zuständigen Betriebs- (Wasserwerks-) Ausschuss besprochen und nicht nur einseitig in einem Verkehrsausschuss.

Doch Bürgermeister Christoph Becker begründete seine Entscheidung damit, dass derzeit keine akute Gefährdung der Wasserversorgung bestünde und die erstmalige Vorstellung und Diskussion im Mobilitäts-/Verkehrsausschuss daher zielführender sei. Am 8. Dezember würden die Mitglieder und die Öffentlichkeit umfassend informiert.

Was Becker aber nicht erwähnte war, dass kurz vor dem Druck eines GA-Artikels mit der Überschrift „Wasserversorgung gefährdet“ er erstmals öffentlich Stellung zu diesem Gutachten nehmen musste und beim Erscheinen dieses Artikels die Tagesordnung des Betriebsausschusses schon längst feststand. Jetzt stand der Bürgermeister plötzlich unter Erklärungsdruck gegenüber dem Rat und der Öffentlichkeit, warum nach drei Monaten vorab die Leser des Generals Anzeigers über die Inhalte und das Fazit des Gutachtens erfuhren und nicht zuerst alle Ratsmitglieder. Die Sitzung des Mobilitätsausschusses im Dezember war dann zeitlich die nächstmögliche Sitzung. Bekanntlich führten aussagestarke Gutachten, die zu lange unter Verschluss gehalten wurden, in der Vergangenheit zu Irritationen und Ärger für die Verantwortlichen. Wie man im Kölner Generalvikariat bekanntlich bitter erfahren musste.

Meine Meinung:
Mit seinem Verzicht auf eine nachträgliche Erweiterung der Tagesordnung des zuständigen Fachausschusses ignoriert der Bürgermeister den Zuständigkeitsbereich des Betriebsausschusses. Im § 6, Abs. 1 der Zuständigkeitsordnung der Stadt Bornheim für den Betriebsausschuss steht: Der Betriebsausschuss berät über alle Angelegenheiten der Wasserversorgung.
Wenn seit August 2021 eine fachliche Stellungnahme über eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung in Bornheim und Wesseling vorliegt und seit dieser Zeit nur einem internen Kreis von Mitgliedern der Fraktionsspitzen und der Bürgerinitiative „NEIN zur Rheinspange“ die Inhalte bislang bekannt waren, müsste nach den Vorschriften der Zuständigkeitsordnung des Rates dieses Gutachten zwingend, spätestens im November, im Fachausschuss der Bornheimer Wasserversorgung behandelt werden.

Schade und peinlich, dass keiner, weder der Ausschussvorsitzende noch ein Ratsmitglied -diesmal war die erste Garde der Ratsfraktionen anwesend-, meine Kritik aufgriffen hat und beim Punkt „Anfragen mündlich“ mit einer Wortmeldung auf dieses Ignorieren einer vom Stadtrat beschlossenen Satzung reagierte. HSt.

Wassergebührenerhöhung zurückgestellt.

Das war aber nur ein Vorgeplänkel zu Beginn der Sitzung. Danach folgte sehenswert, wie in einer klassischen Oper, die Ouvertüre mit einer Power Point Präsentation des Stadtkämmerers über die betriebswirtschaftlichen Ursachen dieser vorgeschlagenen Gebührenerhöhung, dann der 1. und 2. Akt mit Fragen und Statements der Fraktionen, unterbrochen durch ein Zwischenspiel der CDU mit Vorhaltungen gegenüber dem FDP-Vertreter, bis schließlich beim Schlussakt, auf Vorschlag des Bürgermeisters, sich der Vorhang bis Mitte 2022 senkte. Eine interessante Opera eroica.

Die Ouvertüre: Stadtkämmerer Ralf Cugaly erinnerte die Ausschussmitglieder, wie schon mehrfach in der Vergangenheit, welche Vorgaben der Stadtrat und der Gesetzgeber der Betriebsführung des Wasserwerks aufgetragen hatte. Dies sind:

Die Erwirtschaftung eines maximalen Geldbetrages für die Einnahmeseite des Stadthaushalts auf der Basis des Wasserkonzessionsvertrages. Die Erwirtschaftung eines handelsrechtlichen Mindestgewinns, derzeit 1,6% vom Anlagevermögen. Ferner die Erwirtschaftung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung auf das eingesetzte städtische Kapital, derzeit sind dies 4%, was aber in keiner Weise angemessen ist, da die Zinsen auf dem Kapitalmarkt sich zwischen Null und 1 Prozent bewegen. Und schließlich muss die Betriebsführung zusätzlich sicherstellen, dass die Investitionstätigkeit zur Werterhaltung des Versorgungsnetzes mit einer ausreichenden Kapitalrückstellung gewährleistet wird. Alle diese Maßnahmen, die der Stadtrat und der Gesetzgeber der Betriebsführung des Bornheimer Wasserwerkes aufgetragen hat, beinhaltet die jetzt vorgelegte Kalkulation mit der Notwendigkeit den Wasserpreis erneut zu erhöhen.

Im Grunde allseits bekannte Tatsachen, die den Befürwortern eines neuen Wassermix und allen Fraktionshelden der CDU, den GRÜNEN und der ABB bekannt sind. Seit der umstrittenen Entscheidung mehr Wahnbach-Verbands-Wasser einzukaufen, ist diese logische Konsequenz mehrfach im Fachausschuss und Rat diskutiert und von der Werksleitung und auch von mir persönlich dargelegt worden.

Akt 1: Ungeachtet der Erkenntnisse aus der Vergangenheit beabsichtigt die CDU, sich erneut mit einem weiteren Fragenkatalog in das Thema einzuarbeiten. Offensichtlich konnte sich kein CDUler mehr daran erinnern, dass durch die mit der Umstellung des Wassermix von je zur Hälfte Wasser aus dem städtischen Wasserwerk in Urfeld (WBV) und vom Wahnbachtalsperrenverband (WTV) sich die wasserchemischen Parameter in unserem Trinkwasser veränderten. Dies erforderte eine umfangreiche Überwachung der Korrosionsanfälligkeit im Bornheimer Wassernetz in Höhe von bis jetzt 158 Tausend Euro zusätzlich zum doppelt so hohen Einkaufspreis des WTV-Wassers in Höhe von 69 Cent pro m³ gegenüber 34 Cent aus unserem eigenem Wasserwerk beim WBV, ab Januar 2022.

Akt 2: Die Fraktionsvorsitzenden der CDU und der GRÜNEN bekräftigten ausdrücklich in der Sitzung, dass beide Fraktionen auch heute den Einkauf von mehr WTV-Wasser für richtig und notwendig halten, weil jetzt der Härtegrad von einst 13° dH auf nunmehr 10° dH gesunken ist und für sie dies eine Optimierung der Wasserqualität in Bornheim darstelle.

Diese Aussage veranlasste Christian Koch (FDP) zur süffisanten Feststellung, dass hier wohl ein Trugschluss bei CDU und GRÜNEN vorliege, denn Bornheim lag vor der Umstellung im Bereich eines mittelharten Trinkwassers und ist heute mit 10° dH weiterhin im gleichen mittleren Härtebereich. Kein Mensch merke den Unterschied. Nur weil heute Zahltag ist, drücken sich jetzt die Verantwortlichen der damaligen Entscheidung davor den Bürgern die damit verbundenen Kosten erneut aufzubürden. Der Versuch mit den fünf Fragen an die Werksleitung, sich heute vor einer Entscheidung zu drücken, ist ein durchsichtiges und vorläufiges Rückzugsmanöver. An einer Gebührenerhöhung komme die Ratsmehrheit nicht mehr vorbei. Einfacher und schöner wäre es gewesen, wir hätten keine Umstellung vorgenommen, so Christian Koch.

Intermezzo: Diese Aussage veranlasste den Sparkassenbetriebswirt Michael Söllheim (CDU) dann zu einem persönlichen Angriff auf Koch in seiner Funktion als Kreistagsmitglied, verbunden mit dem Vorwurf, nicht nur der höhere Einkaufspreis beim WTV, sondern die Personalkostensteigerungen allgemein, steigende Abschreibung auf das Anlagevermögen und weitere technische Zusatzkosten seien ursächlich für die anstehende Gebührensteigerung verantwortlich. Die CDU wolle jetzt vom Bürgermeister wissen, warum die überwiegende Mehrheit der Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis -als WTV-Wasserbezieher- günstigere Trinkwassergebühren habe als Bornheim. Könnten wir z.B. die Investitionen nicht über mehrere Jahre strecken? Und warum müssen wir jetzt Millionen Euro in die Ertüchtigung unseres Leitungsnetztes investieren? Gerne hätte die CDU auch eine grafische Gestaltung wie sich die beiden Einkaufspreise,  die Betriebskosten, die Umsatzsteuer in einer Preissäule darstellen, begründete Söllheim weiter seinen Vertagungsantrag.

Kurze Erläuterungen zum weiteren Verfahrensablauf:

In der Tat sind Abschreibungen auf die Betriebsanlagen wie Gebäude, Wasserleitungen, Maschinen weitere Kosten, die sich auch in den Gebühren niederschlagen. Doch diese Abschreibungen können über eine sogenannte Rückflussfinanzierung auch zur Finanzierung neuer Betriebsanlagen verwendet werden und mindern somit den Bedarf von Fremdkapital und schaffen so neue Werte in Form von zusätzlichem Betriebsanlagekapital. Jetzt aber die Mehrkosten des WTV-Wassers für das nächste Jahr in Höhe von 36.000 Euro vom Tisch zu wischen, und die mit dem neuen Wassermix ursächlich verbundenen Korrosionsschutzkosten einfach bei Seite zu schieben, zeugt nicht von einer vertieften Fachkompetenz des finanzpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, siehe dazu auch:

332-Tausend Euro höhere Bezugskosten gegenüber 2015.

Laut Wirtschaftsplan 2015 -vor der Umstellung- betrugen die Bezugskosten für 590.000 Kubikmeter (m³) WTV-Wasser 390.000 Euro und für 1,79 Mio. m³ WBV-Wasser 518.000 Euro. Für WBV- und WTV-Wasser zusammen 908.000 Euro. Nach der Umstellung kosteten im Wirtschaftsjahr 2020 die eingespeisten 1,34 Mio. Kubikmeter Rhein-Sieg Uferfiltrat, gemischt mit Grund- und Talsperrenwasser des WTV 831.000 Euro. Gleichzeitig reduzierten sich die Bezugskosten beim stadteigenen Wasserverband WBV für 1,32 Mio. m³ Trinkwasser auf 409.000 Euro. Wasserbezugskosten von WBV- und WTV-Wasser 2020 insgesamt: 1,24 Mio. Euro. Diese Mehrkosten in Höhe von 332.000 Euro konnten in den vergangenen Jahren nur durch eine Gebührenerhöhung, jeweils zum 1. Januar, aufgefangen werden. Eine einfache Rechnung, die auch Mitarbeiter einer Sparkasse nachvollziehen könnten.

Jetzt tun sich alle Befürworter des neuen Wassermix schwer daran den Tatsachen ins Auge zu blicken. Der heutige Ehrenbürgermeister Wolfgang Henseler (SPD) und auch die Werksleitung hatten schon vor 2017 auf die Folgen des Mehrbezugs von WTV-Wasser hingewiesen. Doch die Ideologen der „Weichwasserkoalition“ CDU-GRÜNE-ABB und auch die SPD, als einstige Gegnerin von mehr WTV-Wasser, stimmten 2017 zuerst für einen neuen Mix von 40 Prozent WTV-Wasser zu 60 Prozent WBV-Wasser und dann ab 2020 für jeweils 50 Prozent WTV/WBV-Wasser, diesmal aber ohne die SPD-Fraktion.

Nicht vergessen ist die Tatsache, dass die Freunde des WTV-Wassers ursprünglich 75% bis 100% Wahnbach- Verbands-Wasser für Bornheim anstrebten. Dafür hätte aber die vorhandene WTV-Transportleitung in der Rheinebene nicht ausgereicht und eine neue teure Leitung sollte, um die Versorgung sicher zu stellen, dann von Gielsdorf über den Höhenzug des Vorgebirges bis zum Botzdorfer Hochbehälter gelegt werden. Zu Glück verzichteten aber nach dem gescheiterten Bürgerentscheid über unsere Trinkwasserversorgung alle Fraktionen auf dieses Vorhaben. Nicht auszudenken, wie dann heute die Preisgestaltung der Trinkwassergebühren aussehen würde.

Schlussakt: Offensichtlich hatte in der montags vorausgegangenen interfraktionellen Sitzung des Bürgermeisters mit den Fraktionsvorsitzenden bei Christoph Becker die Erkenntnis gereift, dass eine Gebührenerhöhung zum jetzigen Zeitpunkt nicht durchsetzungsfähig ist. Dies bestätigte sich dann auch im Verlauf der Diskussion. Kein Vertreter der sechs anwesenden Fraktionen sprach sich für den Beschlussvorschlag des Bürgermeisters aus, die Trinkwassergebühren auf 1,99 Euro brutto, pro m³ zu erhöhen.

Der Bürgermeister, der sich bis dahin nicht in die 1½-stündige Diskussion eingeschaltet hatte, schlug als neuen Beschluss vor: Dem Rat zu empfehlen, keine Gebührenerhöhung vorzunehmen und die Werksleitung zu beauftragen, bis spätestens Juni 2022, auf der Basis der vorliegenden Daten, eine neue Gebührenkalkulation vorzulegen.

Ferner sagte Becker den Fraktionen zu, nun bei den Nachbarkommunen zu eruieren, wie sich deren Kostenermittlung bei der Wasserpreisgestaltung,  gegenüber Bornheim, darstellt. Dann werden diese neuen Erkenntnisse und die Fragen der CDU zuerst im nichtöffentlichen Arbeitskreis Finanzen besprochen. Erst danach soll mit diesen und eventuell neuen Zahlen die Öffentlichkeit informiert und im Fachausschuss weiter diskutiert und beschlossen werden.

Die neuen Veranstaltungstermine stehen schon fest:

Generalprobe, Dienstag, 22. März und Premiere Mittwoch, 22. Juni 2022. Wegen der begrenzten Anzahl von Publikumsplätzen werden diese in der Reihenfolge der Anmeldungen vergeben. Bürger könne sich als Gast per Mail oder Telefon beim Bürgerbüro anmelden, so lautet der Standartsatz bei den aktuellen Einladungen zu Rats- und Ausschusssitzungen.

1 Gedanke zu „Vorläufig keine Erhöhung der Trinkwassergebühren“

  1. Hallo Harald
    vielen Dank für die Infos über den Verlauf der Ausschuss-Sitzung und den historischen Abriß über die Entwicklung der letzten Jahre zum Thema Entwicklung der Wasserpreise.
    Für mich als Bürger der Stadt Bornheim ist es wichtig zu wissen, warum eine Erhöhung des Wasserpreises notwendig ist. Dazu bedarf es einer lücklosen Aufzeigung der in der Kalkulation zu berücksichtigenden Kosten, z.B. Einstandspreis etc.. Ebenso halte ich es im Interesse der Bürger von Bornheim für notwendig, bei den Nachbarkommunen nachzuhören, woraus sich hier meist deutlich geringere Endverbraucherpreise ergeben. Es darf nicht der Eindruck entstehen, daß hier Aufwendungen verbucht werden, die mit der Wasserversorgung nicht im Zusammehang stehen. MfG. Gottfried Düx, Kardorf.

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