Mit Jobticket und Dienstfahrrad in eine CO2 neutrale Mobilitätszukunft

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Unbemerkt von der lokalen Presse und auch weitgehend unbeachtet von der interessierten Öffentlichkeit haben die Bornheimer Ratsmitglieder für ihr ambitioniertes Projekt „Mobilitätswende“ Anfang Dezember folgenreiche Entscheidungen getroffen.

So ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Finanzierung von „Dienstfahrrädern“ für Angestellte der Stadtverwaltung nicht unumstritten und die Einführung eines Jobtickets für alle Beschäftigten ist nicht nur eine finanzielle Belastung für den Stadthaushalt, sondern hat vermutlich auch  weitreichende Auswirkungen auf das kostenfreie Parken in Roisdorf.

Das Jobticket.

Der Wunsch des Bürgermeisters nach Einführung eines Jobtickets für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus und den angeschlossenen Nebenstellen in Roisdorf, einschließlich der KITA-Beschäftigten, war schon immer ein wichtiges Anliegen des Verwaltungsvorstandes. Das Ziel, mehr Berufstätige von den ökologischen und ökonomischen Vorzügen einer ÖPNV-Nutzung zu überzeugen, gewann durch das Verlassen des Haushaltssicherungskonzeptes 2020 neuen Auftrieb. Solange Bornheim keinen strukturell ausgeglichenen Stadthaushalt der Kommunalaufsicht in Siegburg vorlegen konnte, waren die mit einem Jobticket verbunden zusätzlichen Ausgaben nicht genehmigungsfähig.

Doch jetzt, wo die CORONA bedingten Mehrbelastungen der Stadt in einen „Schattenproduktbereich“ des städtischen Haushaltes geflossen sind, konnte Bornheim erstmals einen ausgeglichenen Haushalt darstellen, siehe dazu auch:

Mit einem sogenannten Fuhrpark- und Elektromobilitätskonzept der Stadt Bornheim ist die Arbeitsmobilität der Beschäftigten in Sinne einer Mobilitätswende hinterfragt worden. Seit dem Frühjahr 2021 beschäftigt sich eine interne Arbeitsgruppe mit der Umsetzung dieses Konzeptes. Neben der Weiterentwicklung des städtischen Fuhrparks mit dem Kauf neuer Elektrofahrzeuge ist zusätzlich die Förderung der Mitarbeitermobilität im Bereich Radverkehr und die verstärkte Nutzung des ÖPNV Teil des Konzeptes, schreibt der Bürgermeister im Sachverhalt der Sitzungsvorlage. Gleichzeitig geht Bürgermeister Christoph Becker mit gutem Beispiel voran. Statt eines geleasten Dienstwagens hat er ein „Dienst-E-Bike“ und persönlich nutzt er sein privates E-Bike zu Terminen auch außerhalb von Bornheim. So kam er Mitte November bei einem Termin in Rheinbach stolz als einziger Teilnehmer mit seinem Elektrorad vorgefahren. Eine vorbildliche Leistung des neuen Bornheimer Bürgermeisters. Jetzt sollen offensichtlich auch weitere Beschäftigte seiner Verwaltung von seiner persönlichen Mobilitätswende überzeugt werden. Einfach wird das nicht werden. Doch bleiben wir zuerst einmal bei den Kosten für das Jobticket.

Preiswerte Monatskarte für Stadtmitarbeiter/innen.

Die Stadt Bornheim muss für alle 545 Beschäftigten Jobtickets bei den Verkehrsverbünden kaufen. Wenn nur wenige Angestellte und Beamte darauf zurückgreifen, muss die Stadt den Rest mit Steuergelder finanzieren. Dies bedeutet, dass die Stadt pro nicht in Anspruch genommenem Jobticket 540 Euro jährlich an die Verkehrsbetriebe zahlt. Vorerst ist dafür jährliche eine Summe von 240.000 Euro aus dem Stadthaushalt eingeplant. Das liegt an der geplanten Vertragsgestaltung mit dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH (VRS) und dem Regionalverkehr Köln GmbH (RVK). Wie Bürgermeister Becker in der Sitzung bemerkte, geht er beim Start erst einmal von einer geringen Teilnehmerquote aus. „Aber es sollten schon mindestens 10 Prozent der Beschäftigten sein“, war aus dem Kreis der Ratsmitglieder zu hören. Das heißt im schlimmsten Fall zahlt die Stadt 90 Prozent der nichtgenutzten Jobtickets. Als Starttermin ist der Frühlingsmonat März geplant. Bis dahin will man durch Flyer und persönliche Ansprachen verstärkt für das Jobticket werben.

Wird Parken in Roisdorf bald kostenpflichtig?

Doch es soll auch sanfter Druck ausgeübt werden. Das bis dato kostenfreie Parken auf den städtischen Parkplätzen entlang der Ratshausstraße und der Adenauerallee wird es voraussichtlich für die Beschäftigten der Stadtverwaltung ohne Jobticket dann nicht mehr geben. Auf den städtischen Parkplätzen entlang der Adenauerallee, im Bereich des Gymnasiums AvH, vor dem Rathaus und auf dem Otto-Wels-Platz ist dann nur noch kostenpflichtiges Parken für alle Nutzer möglich. Ob es dann tagsüber kostenfreie Ausnahmen für Ratsmitglieder und/oder Besucher des Rathauses geben wird werden die Beschlüsse des Stadtrates zu einem späteren Zeitpunkt ergeben. Damit bei einer Parkraumbewirtschaftung aber nicht auf die umliegenden Wohnstraßen ausgewichen werden kann, könnte zukünftig für Roisdorf eine KFZ-Parkgebührenpflicht bis zur Siegessstraße erforderlich werden. In den Städten Köln und Bonn wird dies schon seit Jahren praktiziert. Entweder ziehen die KFZ-Fahrer an den Parkautomaten ein kostenpflichtiges Parkticket, bzw. die Anlieger der umliegenden Wohnstraßen kaufen sich für eine jährliche Grundgebühr einen Anwohnerparkausweis. Den müssen sie dann gut sichtbar in ihren Autos deponieren. Sonst droht ein Bußgeld für regelwidriges Parken. Auch die Betreiber des Parkhauses im SUTI Center werden ab diesem Zeitpunkt das Parkverhalten in Punkto Dauerparker beobachten und ggf. gegensteuern müssen.

Ich kann mich noch gut an die Diskussion im Ortsteil Bornheim erinnern, als im Zusammenhang mit der Umgestaltung des Peter-Fryns-Platzes und dem Neubau der Königsstraße für den Ortsteil Bornheim ein kostenpflichtiger Parkraumbereich Innenstadt, nach Fertigstellung der Baumaßnahmen, errichtet werden sollte. Nach aufgeregten Bürgerprotesten und heftigen Einsprüchen des örtlichen Gewerbevereins nahm die Politik davon Abstand. Bis heute gibt es keinen Parkscheinautomaten in Bornheim. Wird nun der Ortsteil Roisdorf das neue Versuchsfeld für diese stringenten Maßnahmen, um zukünftig das Parken im öffentlichen Raum einzuschränken?

Das Dienstrad-Leasing Projekt.

Das nächste Kapitel der Bornheimer Mobilitätswende wurde mit dem Beschluss des Hauptausschusses zur Einführung des Dienstrad-Leasings für die Beschäftigten der Stadt Bornheim aufgeschlagen. Seit dem 1. März 2021 können Angestellte der Kommunen, gemäß TV-Fahrradleasing, per Entgeltumwandlung ein sogenanntes Job-Rad leasen. Der Bürgermeister und sein Stadtrat beschlossen im Dezember, für alle Angestellten der Stadt die steuermindernden Voraussetzungen zu schaffen, bei einem Fahrradhändler ein E-Fahrrad per Leasingvertrag zu erwerben. Laut Tarifvertrag (TV) für den öffentlichen Dienst beträgt die Höchstsumme des Leasingkaufgeschäftes 7.000 Euro, aber nur für 1 Fahrrad mit Zubehör. Leider gibt es für Beamtinnen und Beamte aktuell keine Grundlage im Besoldungsrecht, die eine solche vergleichbare Entgeltumwandlung zulässt.

Nach der Dezember-Entscheidung des Arbeitgebers, dass in Bornheim die Möglichkeit zur Umwandlung von Entgelt zum Zwecke des Leasings von Fahrrädern ab 2022 möglich ist, wird jetzt Bornheim einen Leasingvertrag mit einer Firma abschließen, die das Leasing von Fahrrädern anbietet. Hier sind zahlreiche unterschiedliche Konstellationen denkbar. Zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem kann dann eine individuelle Vereinbarung über die Entgeltumwandlung zum Zwecke des Fahrradleasings abgeschlossen werden.

Das E-Bike-Leasing im öffentlichen Dienst ist aber nicht unumstritten. Die Finanzierung der Diensträder erfolgt über die Entgeltumwandlung der Nutzerinnen und Nutzer im Sinne des TV-Fahrradleasing. Doch für die Stadtangestellten ist dieses Angebot mit Tücken verbunden. Sie sollten daher sorgsam prüfen, ob ein Leasingvertrag für sie sinnvoll ist und ob es sich finanziell lohnt. Hingegen für den Arbeitgeber lohnt sich das Dienstradleasing schon allein dadurch, dass er Sozialabgaben einspart. Daher beteiligt sich die Stadt Bornheim, als Ausgleich für diesen Vorteil, mit 15 Euro pro Monat an den Leasingkosten ihrer Beschäftigten. Die Gesamtkosten pro Fahrrad betragen monatlich 60 Euro. Beim Leasingnehmer verbleiben somit 45 Euro. Die für das Leasingrad monatlich eingesetzte Rate stellt sich darüber hinaus steuermindernd in der Gehaltsabrechnung dar. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass beim Leasing der gesamte Kaufpreis des Fahrrads auf die Leasingraten umgelegt wird. Am Ende besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, das Fahrrad durch eine zusätzliche Rest Rate bzw. Übernahmegebühr tatsächlich zu erwerben.

Somit sind die Vorteile:

  • Geringere Steuern (allerdings ist bei privater Nutzung der geldwerte Vorteil in Höhe von 0,25 Prozent des Brutto-Listenpreises trotzdem zu versteuern).
  • Geringere Sozialabgaben.

Aber auch die Nachteile:

  • Minderung der Ansprüche auf Rente, Arbeitslosengeld, Krankengeld, Elterngeld, usw.
  • Teils begrenzte Auswahl des Fahrrads oder Händlers.
  • Keine Preisverhandlung möglich.
  • Teurere Wartung (z.B. Schlauchwechsel nur beim Vertragshändler).
  • In der Regel keine Änderungen am Fahrrad während der Vertragslaufzeit zulässig.
  • Zumeist kein Anspruch auf Übernahme des Fahrrads nach Leasingende, unklarer Kaufpreis.
  • Vertragsbindung über 36 Monate,

sind genau abzuwägen. Dazu hier mehr Information der Gewerkschaft ver.di:

https://bund-laender-nrw.verdi.de/service/++co++04610690-5719-11e7-b58e-525400940f89

Unklar ist, ob ein positiver Beitrag zum Klimaschutz erzielt wird. Sofern z.B. klassische Radfahrer auf ein E-Bike umsteigen, verschlechtern sie ihre persönliche Umweltbilanz.

Ebenso sollten die von den Leasinganbietern in den Leasingrechnern ausgewiesenen Ersparnisse kritisch betrachtet werden. Teils wird ein Abzug der Vorsteuer eingerechnet, wozu der Staat (Kommune) aber in der Regel nicht berechtigt ist. Ferner kommt statt der angebotenen Mietrad-Versicherung, für die eine Ersparnis ausgewiesen wird, auch eine günstigere Erweiterung der eigenen Hausratversicherung in Betracht.

Nach den Sommerferien, spätestens zum Jahresende 2022 könnte der Bürgermeister eine erste Bilanz seiner verwaltungsinternen Mobilitätswende Initiative ziehen. Dann zeigt sich am Horizont schon ab wieviel Tonnen COdurch die eingesetzten Steuergelder tatsächlich eingespart wurden.

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