Steuern erhöht, Personalstellen erweitert, Straßenneubau reduziert!

von

Schwer- und Schwachpunkte des neuen Stadthaushaltes 2023/2024

Im November 2022 hatte der Bürgermeister den Ratsgremien seinen Haushaltsentwurf 2023/2024 zur Beratung vorgelegt. Anfang März 2023 erfolgte im Finanzausschuss die „Halbfinalberatung“ und schließlich am 30. März der finale Satzungsbeschluss mit der Entscheidung diesmal auch die Kommunalsteuern wieder zu erhöhen.

74 zusätzliche städtische Arbeitsplätze beschlossen

Der von den Amtsleitern geforderte Stellenbedarf von 100 neue Planstellen, wurde nach Beratungen in einem informellen Arbeitskreis aus Verwaltung und Fraktionsspitzen dann auf insgesamt 74 zusätzliche städtische Arbeitsplätze vom Rat reduziert. Allein 41 neue Stellen sind davon für die Betreuung im KITA-Bereich vorgesehen. Gesamtmehrkosten für diese Stellen: 2,5 Mio. Euro ohne die Kosten für 20 KITA-Stellen die derzeit nicht besetzt werden können.  Würden alle Stellen bis 2024 auch besetzt, wären dann über 600 Menschen bei der Stadt Bornheim beschäftigt. Rund die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in den Bornheimer Kindertagesstätten, wie aus dem Rathaus zu hören war.

Die Personalkosten (2021  31,8 Mio. Euro) werden jetzt bis 2024 auf jährlich 35,5 Mio. Euro voraussichtlich steigen. Sie sind weiterhin nach den sogenannten Transferaufwendungen (wie z.B. Kreisumlage, Sozialkosten mit 63,6 Mio. Euro in 2024), die zweithöchste Ausgabensumme im konsumtiven Haushalt der Stadt Bornheim, trotz des Rasenmäher-Beschlusses die Personalkosten zukünftig pauschal um 10 Prozent zu senken. Interessant war auch die Erkenntnis, welche der von den Ämtern angeforderten Stellen nicht genehmigt wurden, bzw. welche die Zustimmung des Bürgermeisters und der Ratsfraktionen fanden.

Gestrichen wurden beispielsweise zusätzliche Stellen für die Bürgerbeteiligung, die Verkehrsüberwachung, die Bearbeitung von Bürgerbeschwerden, zwei 25 Std.-Stellen für die Denkmalpflege, und deren Sachbearbeitung, eine/n Dipl.-Ing. für den Hochbau und eine für das Baustellenmanagement, und 2 weitere Vollzeitstellen für die Inklusionsarbeit wurden ebenfalls gestrichen.

Aufschlussreich hingegen ist, welche Stellen u.a. der Bürgermeister und die Ratsmitglieder diesmal für notwendig erachteten und worin sie ihre Schwerpunkte sehen: Dies waren u.a. neue Stellen für einen Projektleiter für Sonderprojekte der Verkehrsinfrastruktur und eine Aufstockung, mit einer zusätzliche Halbtagsstelle Stelle, für das schon vorhandene Mobilitätsmanagement im Planungsamt, eine weitere Stelle für die Wohngeldsachbearbeitung und eine Halbtagsstelle für die Pflegeberatung.

Keine Investitionen in den Erhalt unserer Verkehrsstraßen

Der Erhalt der kommunalen Infrastruktur unserer Stadtstraßen sollte eine der vordringlichsten Aufgabenbereiche eines Stadtrates und eines jeden Ratsmitgliedes sein. Doch auch im neuen Doppelhaushalt wurde darauf von den Fraktionen wieder weitgehend verzichtet. Trotz der Tatsache, dass die Landesregierung sich endlich bereit erklärt hat die kompletten Erschließungskosten der Anlieger bei der Sanierung vorhandener Straßen zu übernehmen.

Wieder einmal stellten die Ratsmitglieder den Ausbau des Oberdorfer Weges in Roisdorf und in Merten die Sanierung der Offenbacher Straße zurück. Beide Straßen verfügen bis heute nicht über separate Gehwege und sanierte Fahrbahnen. So wird seit Jahren der bestehende Sanierungsstau von beitragsfreien Anliegerstraßen auf Kosten von Fußgänger/innen, Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Kindern auf dem Weg zur Schule munter fortgeschrieben.

Aber auch kleinere investive Maßnahmen wie der längst überfällige Knotenpunkt-Ausbau der Einmündungsbereiche von Apostelpfad/Mühlenstraße und Sechtemer Weg in die Bornheimer Königstraße wird weiter ins Jahr 2026 geschoben.

Wer einmal die Schlaglochpiste des Heerweges von Brenig bis Hemmerich befahren hat, erfährt eindrucksvoll wie die Infrastruktur und der Ausbaustandart überörtlicher Straßen in Bornheim vernachlässigt wird. Für den Heerweg wird diesmal das Fertigstellungsjahr 2028 vorgeschlagen.

Der Richtlinienkonforme Ausbau der Verbindungsstraße Uedorfer Weg wird bis Ende dieses Jahrzehnts geschoben. Radfahrende die von den Rheinorten zu den weiterführenden Schulen, dem Schwimmbad  und den Bornheims Einkaufsschwerpunkten radeln, müssen weiterhin diese gefährliche Strecke, mehr Feldweg als Straße, bis 2030 in Kauf nehmen. 

Rotstiftdebatten der Ratsfraktionen

Bei den Beratungen der einzelnen Anfragen und Anträge der Fraktionen im Finanzausschuss wurden die Sitzungsvorlagen erstmalig per Beamer, auf der großen Leinwand des Ratssaales gezeigt. Dies ist ein Fortschritt gegenüber früher. Damit bekamen die anwesenden Zuhörer ein besseres Verständnis über den Sitzungsablauf.

Mit Anträgen aus den Fraktionen setzten die Fraktionssprecher eigene Akzente für den Haushalt 2023/24.

Die SPD und die UWG wollten die maximal vergüteten Fraktionssitzungen von derzeit 50 Sitzungen auf 40 im Jahr reduzieren. Die ABB schloss sich diesem Ansinnen an.

Doch jetzt kam energischer Widerspruch aus den Lagern der CDU, GRÜNEN und der FDP. Besonders Michael Söllheim (CDU) lehnte dieses Ansinnen mit dem Argument ab, dass sich die Qualität der fraktionsinternen Beratungen dann ebenfalls verringere, ohne aber diesen Qualitätsverlust konkret zu erläutern. Sein Fraktionskollege Lutz Wehrend ergänzte: Die CDU habe, wg. ihrer Größe (17 Mitglieder) viele interne Arbeitskreise. Die CDU-Fraktion erreicht schon im November eines Jahres die  Sitzungsobergrenze von 50. Danach würde für einige Mitglieder die Teilnahme an Sitzungen nicht mehr vergütet. (Anm.: Pro Sitzung erhält ein Ratsmitglied 25 Euro, zuzüglich zur monatlichen Sitzungspauschale von 310 Euro.) Die Grünen wollten ebenfalls nicht auf maximal 40 Sitzungen reduzieren, weil man durch das häufige interne Treffen viel erreicht habe, so ihr Sprecher Arnd Kuhn.

Die SPD-Fraktion zog daraufhin ihren Antrag zurück.

Meine Meinung:
Getroffen hatten sich die Fraktionsspitzen im Vorfeld der öffentlichen Haushaltsplanberatung sehr oft. Gemeinsam mit der Verwaltung wurden in nichtöffentlichen Arbeitskreisen Änderungen und neue Vorhaben beraten unter der Prämisse: Wenn du mir etwas zugestehst, gehe ich auch auf deine Wünsche und/oder Streichungen ein.
Das eigentliche Problem bei diesen nichtöffentlichen Sitzungen ist aber, dass für die Bürgerschaft und die Öffentlichkeit (Presse) nicht der Findungsprozess einer Ratsentscheidung transparent und nachvollziehbar dargestellt wird. Dies ist klassische Hinterzimmer-Politik und kein Diskurs unter den kritischen Augen der Wählerinnen und Wähler. Die politischen Reden bei der  Haushaltsverabschiedung wirken dann für Kenner der Szene wie ein ausgeklüngeltes Dramolett auf einer Provinzbühne. HSt.

Im zweiten Teil dieses Beitrages zum Haushalt 2023/24 berichten wir über die beschlossenen Steuererhöhungen zur Finanzierung der städtischen Ausgaben.

1 Gedanke zu „Steuern erhöht, Personalstellen erweitert, Straßenneubau reduziert!“

  1. Lieber Harald,
    vielen Dank für die neue Ausgabe von La Ville mit den sehr interessanten Details und Hintergrundinformationen zum Haushalt 2023/24.
    Dabei kam mir u.a. in Erinnerung, dass vor nunmehr 10 Jahren unsere Friedrichstraße erneut – und diesmal nach KAG – ausgebaut wurde. Hierbei wurden die Anlieger zu rd. 40 % an den Baukosten beteiligt.
    Dank Deiner Information und Hilfestellung in der Funktion des damaligen Ortsvorstehers konnte eine zuvor absolut unmögliche Planung der Verwaltung, die ohne vorherige Einbindung der Anlieger vom zuständigen Ausschuss „abgenickt“ wurde, seitens einer streitbaren und vor allem geschlossenen und darüber hinaus glücklicherweise zudem auch sachkundigen Anliegergemeinschaft verhindert werden.
    Auf diese Weise gelang es, nach 2 (!) Bürgerbeteiligungen in Verbindung mit rd. 30 Änderungsanträgen zu gravierenden Fehlleistungen des von der Verwaltung beauftragten Rheinbacher Planungsbüros K…, die Ausbauplanung grundlegend zu ändern. Endergebnis: nichts blieb so, wie es von der Verwaltung – über den Kopf der Anlieger hinweg – ursprünglich vorgesehen war.
    Wir haben auf diese Weise unsere Straße – so wie sie sich heute darstellt – quasi selbst geplant.
    Für uns war dies eine umfangreiche und oft anstrengende Arbeit.
    Dank gebührt dabei den Ratsmitgliedern und politischen Parteien, die unsere Anliegen aufgegriffen und beschlussmäßig gesichert haben.
    Besonders hilfreich war auch die laufende und umfangreiche Begleitung unserer Arbeit durch die Presse.
    Leider fanden wir zuvor bei der Verwaltung keine Unterstützung. Selbst größere Pläne, die den „Planungsschrott“ erkenntlich machten, wurden uns verweigert und mussten notgedrungen auf andere Weise beschafft werden.
    Mit unserer Arbeit als Anliegergemeinschaft im Zuge des erneuten Straßenausbaues sind wir der Verwaltung spürbar „auf den Senkel“ gegangen.
    Eine bessere Bürgerbeteiligung wurde uns damals zugesagt – die Realität sah und sieht immer noch anders aus.
    Auch heutzutage ist eine Stärkung der Bürgerbeteiliung erkennbar lästig. Die Streichung der Stelle für die dringend erforderliche Verbesserung der Bürgerbeteiligung im Haushalt 23/24 passt in diese Richtung.
    Man kann angesichts der von uns gemachten Erfahrungen den Bürgen nur raten:
    wehrt Euch, tretet vor allem gemeinsam und geschlossen auf, einzeln bewegt man nichts oder wenig, sucht auf jeden Fall fachlichen sowie rechtlichen Rat bei Externen und macht in der Presse die Öffentlichkeit auf Eure Anliegen aufmerksam.
    Auch die Streichung der Reparaturkosten im Straßenbau ist absolut unverständlich.
    So hatten sich z. B. bei unserer Friedrichstraße bereits wenige Jahren nach dem erneuten Ausbau zahlreiche Spannungsrisse gebildet.
    Bis auf einen unvollständigen Verguss der bis 2017 vorhandenen Risse mit Bitumen blieb eine danach erfolgte neue Rissbildung in größerem Umfang unbeachtet.
    Anzumerken ist, dass die vorherigen Reparaturen (leider unvollständig) erst dann in Angriff genommen wurden, nachdem die Anliegergemeinschaft in Verbindung mit der damaligen Ortsvorsteherin, Frau Kretschmar, auf den Ablauf der Gewährleistungsfrist hingewiesen hatten.
    Durch eine zeitnahe und vergleichsweise kostengünstige Riss-Sanierung bei relativ neuen Straßen wird eine ansonst zwangsläufig folgende Zerstörung der Tragschicht in Verbindung mit kostenintensiven Schlaglochsanierungen und grundlegend notwendigen umfangreichen Straßenerneuerungen verhindert.
    Ein Blick in die Fachveröffentlichungen, die auch „gegoogelt“ werden können, verdeutlicht diese recht simple Sachlage, selbst für Laien deutlich nachzuvollziehen, in sehr anschaulicher Weise.
    Die geschilderte Problematik in Bezug auf unsere Straße trifft auch auf viele andere vor nicht allzu langer Zeit ausgebauten Straßen in der Stadt Bornheim zu.
    Angesichts der unverständlichen Streichung der Reparaturkosten drängt sich automatisch die Frage auf, ob die für eine sachgerechten Entscheidung vor Beschlussfassung notwendige umfassende und vollständige Information der Entscheidungsträger seitens der Verwaltung erfolgte, oder ein kollektives „Augen zu und durch“ praktiziert wird, bei dem letztlich wieder einmal der Bürger der Dumme ist.
    Darüber hinaus kann man den Zustand vieler älterer Straßen in der Stadt nur noch als trost-, bzw. hoffnungslos bezeichnen.

    Mit freundlichem Gruß
    Winand Fohr
    Anliegergemeinschaft Roisdorf, Friedrichstraße

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Winand Flohr Antworten abbrechen

error: Alert: Content is protected !!