Warum wurde ein Hakenkreuz ähnlicher Grundriss der Heinrich-Böll-Gesamtschule geplant und beschlossen?
Diese Frage stellte sich mir beim Betrachten des gewählten Entwurfes der geplanten Gesamtschule in Bornheim-Merten. Im März 2022 wurden drei Varianten für den Neubau der Heinrich-Böll Gesamtschule (HBG) in der Herseler Rheinhalle erstmals öffentlich vom Generalplaner der Assmann Gruppe aus Dortmund und Bürgermeister Christoph Becker vorgestellt.
Am 17. März 2022 wählte der Rat einstimmig die Variante „Windmühle“. Die Hauptgründe waren eine zuvor mit der Heinrich-Böll-Gesamtschule abgestimmte Konzeption und -Überraschung- die Kostenschätzung des Architekturbüros, welche diese als die kostengünstigste Variante identifizierte.
Fast alle Fraktionssprecher lobten die Arbeit der Architekten und benannten den „Windmühlenentwurf“ als ihren Favoriten. Der GENERAL ANZEIGER veröffentlichte sechs Tage später folgende Statements der Ratsfraktionen:
Die UWG/Forum stellte sich hinter die Entscheidung (des Bürgermeisters und der Schule). Besonders die Platzierung der Sporthalle sei vorteilhaft. „Denn sie wird von diversen Vereinen auch außerhalb des Unterrichts genutzt. So wird das angrenzende neue Wohngebiet am wenigsten tangiert“, so Josef Müller als schulpolitischer Sprecher.
Die Öko- und Flächenbilanz sowie das Preis- Leistungsverhältnis und die geringe Geschosshöhe waren für die SPD entscheidend, zumal der „neue klimafreundliche Standort gut zu unserem Ziel passt, klimaneutral zu werden“, stellte die Fraktionsvorsitzende Anna Peters fest.
Auch die Grünen favorisieren die Variante drei. Mit Blick auf die pädagogischen Möglichkeiten sehen sie in der künftigen Feinplanung noch Optimierungsbedarf. „Beispielhaft wäre hier die Frage nach einer flexiblen Raumaufteilung für Differenzierungen in der Inklusion“, ergänzte Ratsmitglied Markus Hochgartz für die Grünen.
Aus Sicht der Liberalen betonte ihr Sprecher Matthias Kabon, dass Entwurf drei die optimale Lösung sei, unter anderem, da sie die preisgünstigste Variante wäre.
Auch die CDU fand das Modell ausgesprochen gut, allerdingst „müssen wir die Kosten im Auge behalten“, so CDU-Ratsmitglied Sacha Mauel. Soweit die Zitate der offiziellen Statements der Fraktionssprecher im General Anzeiger.
Schon damals sprach ich Ratsmitglieder darauf an, dass dieser Grundriss nicht einer Windmühle, sondern eher einem Hakenkreuz ähnelt, und Heinrich Böll es sicherlich wortreich und scharf kommentieren würde, wenn eine Gesamtschule, die seinen Namen trägt in Form eines verfremdeten Hakenkreuzes gebaut würde.
Der Rat beschloss aber trotz aller Hinweise in seiner diesjährigen Mai-Sitzung, den Entwurf des B-Plans Me 18 erneut öffentlich auszulegen, damit die Bürgerschaft dazu Stellung nehmen kann. Mit Erstaunen und Verärgerung musste ich auf der städtischen Internetseite in den Sitzungsvorlagen feststellen, dass der umstrittene Baukörper weiterhin unverändert im Gestaltungsplan Me18 geblieben ist.
Kritik am Hakenkreuz ähnlichen Grundriss
Ich habe daher den Zentralrat der Juden in Deutschland und Heinrich Bölls Sohn René im Juli angeschrieben und um ihre Einschätzung gebeten. Hier ihre Antworten:
Sehr geehrter Herr Stadler,
auch mich erinnert der Entwurf (Variante 3 „Windmühle“) an ein Hakenkreuz und das ist mit dem Namen Heinrich Böll nicht zu vereinbaren.
Es stehen andere, gute Varianten zur Verfügung, so dass wir hoffen, dass der Rat der Stadt Bornheim sich nicht für die Variante 3 entscheiden wird.
Sie können diese unsere Bedenken gerne dem Rat mitteilen.
Mit freundlichen Grüßen
René Böll
Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein schrieb:
Sehr geehrter Herr Stadler,
hiermit bestätigen wir den Eingang Ihres Schreibens, das uns vom Zentralrat zuständigkeitshalber weitergeleitet worden ist.
Die ästhetische Bewertung von kommunalen Bauvorhaben fällt nicht in die Kernaufgaben unseres Landesverbandes. Wie Sie vermutlich wissen, befinden sich in Bornheim drei geschlossene, verwaiste jüdische Friedhöfe, die sich im Eigentum unseres Landesverbandes befinden. Die Pflege dieser Friedhöfe wird seit vielen Jahren in vorbildlicher Weise von der Stadt umgesetzt. Es wurden eine Info-Tafeln aufgestellt und Gedenkveranstaltungen finden ebenfalls regelmäßig statt.
So sehr die äußere Erscheinungsform der ausgewählten Variante 3 für die Heinrich-Böll-Gesamtschule auf den ersten Blick befremdlich erscheint, habe ich dennoch keinen Anlass an der Besonnenheit und Vernunft des Stadtrats in Bornheim zu zweifeln, eine in dieser Situation für Ihre Stadt passende und dem Andenken von Heinrich Böll gerechte Lösung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Inna Goudz
Geschäftsführerin
Beide Antworten haben mich in meinem Vorhaben bestärkt und jetzt veranlasst, einen OFFENEN BRIEF an die Mitglieder des Stadtrates zu richten, verbunden mit dem Appell, bitte eine Änderung dieses Grundrisses der Heinrich-Böll-Gesamtschule vorzunehmen.
Meine Meinung:
Die neue Heinrich-Böll-Gesamtschule sollte später bei einer Google Earth Suche nicht weltweit als ein Hakenkreuz-ähnlicher Baukörper erkennbar sein. Wir sollten doch gemeinsam vermeiden, dass zukünftig peinliche Fragen oder despektierliche Kommentare über die Heinrich-Böll-Gesamtschule in den sozialen Netzwerken und/oder in der Presse veröffentlicht werden. Einer kritischen Presseberichterstattung – wie hier zu lesen ist – könnte der Stadtrat sich jetzt noch entziehen. Eine Begrünung des Flachdaches der Schule mit Blumen und Gemüse, wie im Textteil vorgesehen, würde diesem Hakenkreuz-ähnlichen Schulgrundriss die Krone aufsetzen. Die Hinweise von Frau Dr. Goudz und auch den Vorschlag von Herrn Böll habe ich aufgegriffen und einen Appell an die Mitglieder des Stadtrates gerichtet, sich in der nächsten Sitzung des Rates mit unserem Anliegen zu beschäftigen und in der Schulausschuss-Sitzung am 15. August oder am 25. Oktober 2023 einen Entscheidung zu treffen, die eine Änderung und Abkehr vom Kreuzgrundriss des Baukörpers beinhalten. Es gibt bessere und unstrittige Varianten, die vielleicht teurer sind, aber Bornheim besser zu Gesicht stünden. HSt.