Kommunalwahl 2020

von

„Alea iacta est“

„Die Würfel sind gefallen“, und das Ergebnis der Kommunalwahl 2020 in Bornheim ist nach den einstimmigen Beschlüssen des Wahlprüfungsausschusses im Dezember 2020 und des Haupt- und Finanzausschusses im Januar 2021 nun unwiderruflich.

Hat sich nun etwas grundsätzliches an den Machtverhältnissen im Bornheimer Stadtrat geändert? Die CDU wie auch die SPD mussten jeweils zwei Ratsmandate abgeben. Die Grüne Ratsfraktion konnte ihre Ratsmandate von 5 Sitzen mit jetzt 11 Sitzen um 120 Prozent erhöhen und ist nun erstmals, seit ihrem Start im Bornheimer Stadtrat im Jahre 1984, die zweitstärkste Fraktion nach der CDU.

Obwohl der Stadtrat nun mit 50 Sitzen, plus dem Bürgermeister mit 51 stimmberechtigten Mitgliedern so groß wie noch nie in seiner Geschichte ist, war dies für die CDU, die SPD, die FDP, die UWG und auch für die Linke nicht mit einer Steigerung ihrer Ratssitze verbunden. Lediglich die Wählergemeinschaft „Aktive Bürger Bornheim“ (ABB), die sich mit einem ähnlich lautenden Spruch wie die Trumpisten in der USA („Wir erobern unsere Stadt zurück“) zwar mit drei Sitzen um einen Sitz verbessern konnte und den Fraktionsstatus zurückerhält aber weit entfernt von der Möglichkeit ist etwas „zurück zu erobern“, wenn man vom eigenen Fraktionsstatus einmal absieht. Die Sitzverteilung sieht nun wie folgt aus:

Neben den großen Verlierern CDU und SPD reiht sich auch die Linke ein, die nun statt 2 Sitze nur noch mit einem Ratsmitglied vertreten ist und somit ihren Fraktionsstatus verlor. Der Bornheimer Linken-Chef Michael Lehman hat nun die Aufnahme in die SPD-Fraktion als sogenannter Hospitant beantrag, dem auch stattgegeben wurde.

UWG und FDP blieben konstant und sind weiterhin gleichstark im Rat vertreten wie in der vergangenen Ratsperiode.

Gerne werden nach einer Wahl die erzielten Prozentzahlen als Grundlage für den Erfolg oder Misserfolg eines Wahlkampfes und den eigenen Rückhalt in der Bevölkerung herangezogen. Dabei wird leicht übersehen, dass Prozentzahlen immer nur Relativzahlen sind, die von einer Basiszahl ausgehen.

Alle nicht an der Wahl teilgenommenen Bürger werden ausgeklammert und existieren somit in den veröffentlichten Prozentzahlen der offiziellen Wahlinformation nicht. Trotzdem wird behauptet, die Zustimmung in der Bevölkerung sei stark oder weniger stark je nach dem optimierten Prozentergebnis. Deutlich werden diese Unterschiede und die Bürgerakzeptanz der einzelnen Parteien, wenn man die realen Wählerstimmen ins Verhältnis zu der Gesamtzahl der Wähler setzt. An der Kommunalwahl haben mit den 452 ungültigen Stimmen 22.377 (gleich 56,4 %) der wahlberechtigten Bürger Bornheims teilgenommen.

Wir haben das reale Zahlenverhältnis der Kommunalwahl 2020 einmal aufgeschlüsselt.

Parteien und Wähler-gemeinschaftenWahlberechtigte WählerstimmenProzentzahl nach Wahl-berechtigtenProzentzahl nach Wahl-beteiligung
CDU39.6807.81519,7 %34,9 %
GRÜNE39.6804.58511,6 %20,5 %
SPD39.6804.36311,0 %19,5 %
UWG39.6801.6474,2 %7,4 %
FDP39.6801.3903,5 %6,2 %
ABB39.6801.4443,6 %6,5 %
LINKE39.680   6541,7 %2,9 %
Ungültige Stimmen39.680   4521,1 %2,0 %

Stellt man diese Zahlen ins Verhältnis einer Wertung, dann wir jedem schnell klar, warum in allen Veröffentlichungen der Lokalpresse und auch bei den Parteien immer nur die letzte Spalte dieser Übersicht veröffentlicht wird.

Wenn wir nun die realen Wählerstimmen den zwei Blöcken im Stadtrat, sagen wir dem traditionellen und dem progressiven Block, gegenüberstellen, haben mit 10.852 Stimmen genau 1.250 Bürger dem CDU/UWG/FDP Block mehr Vertrauen geschenkt als dem GRÜNEN/SPD/LINKEN Block mit 9.602 Stimmen.

Jetzt, so dachten vielleicht einige ABB-Mitglieder, schlägt unsere Stunde als das Zünglein an der politischen Waage im Stadtrat. In der Tat, bei einer vollzähligen Anwesenheit im Stadtrat reichen 26 Stimmen für die absolute Mehrheit. Mit den 25 Ratssitzen von CDU/UWG/FDP kann Bürgermeister Christoph Becker mit seiner Stimme den Ausschlag geben, wenn alle anderen Ratsmitglieder dagegen wären. Doch dann könnten die Fraktionen, die den Bürgermeister im Wahlkampf unterstützt haben, sauer sein, dass ausgerechnet ihr BM-Kandidat nun der Politkonkurrenz diesen und sich selbst zur Mehrheit verhilft.

Umgekehrt könnten die ABB-Mitglieder mit ihren drei Stimmen dem Bündnis von GRÜNEN/SPD/LINKE mit 22 Stimmen nun ebenfalls 25 Stimmen verschaffen und mit der Stimme des Bürgermeisters diesem Block zur Mehrheit im Rat verhelfen, oder bei Unterstützung von CDU/UWG/FDP den Traditionalisten eine satte Mehrheit ermöglichen.

Doch wegen den populistischen Parolen der ABB auf ihrer Internetseite und in vielen Äußerungen und Entscheidungen des ABB-Frontmannes in den Debatten im Rat um die Flüchtlingsproblematik und zusätzlich auf den ABB-Webseiten mit deren Vernetzung ins Milieu der AFD, besteht auf Seiten der anderen Fraktionen kein Bedarf an einer Zusammenarbeit.

Dies ist auch weitgehend nicht notwendig, da rund 90 Prozent aller Rats- und Ausschussentscheidungen mit großer Mehrheit gefasst werden. Nur ein kleiner Teil der Beschlüsse wird so kontrovers diskutiert und bewertet, dass es zu einer Blockbildung kommt.

Doch alle zwei Jahre wieder kommt es zum Schwur bei den anstehenden Haushaltsplanberatungen. Hier prallen die unterschiedlichen Auffassungen zuerst im Finanzausschuss und manchmal auch später im Stadtrat aufeinander. Jede Fraktion versucht ihre Ideen und Vorschläge einzubringen und durchzusetzen. Da reichen oft geringe Stellschrauben wie z.B. die Frage, welche Kommunalsteuer erhöht oder nicht erhöht werden sollte, um dann in der Endabstimmung dem Stadthaushalt zuzustimmen oder ihn in Gänze abzulehnen mit all den Folgen einer vorläufigen Haushaltsführung anschließend.

Letztendlich kommt es in dieser Ratsperiode auf die Integrationskraft des Bürgermeisters an, allen oder fast allen Ratsmitgliedern das Gefühl zu geben, dass sie sich zum Wohle der Stadt einsetzen, nicht Partikularinteressen von Fundamentalisten nachgeben und ausschließlich im Interesse der Stadtgesellschaft an einem gemeinsamen Strang ziehen. Einem ehemaligen Schulleiter Christoph Becker, dem es gelang, eine Gesamtschule mit rund 1.500 Lernenden und rund 120 Lehrenden zu moderieren und zu führen müsste dies eigentlich erfolgreich gelingen.

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