Bornheim hatte ein strukturelles Defizit beim Haushaltsabschluss 2021

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Wann werden die Kommunalsteuern erhöht?

Nach den Vorschriften der Gemeindeordnung und der Kommunalhaushaltsverordnung NRW muss eine Stadt zum Schluss eines Haushaltsjahres eine Jahresabschlussrechnung aufstellen und hat diese Jahresrechnung mit einem Lagebericht dem Finanzausschuss und Rat vorzulegen, beide ggf. dort zu diskutieren und anschließend zur Prüfung an den städtischen Rechnungsprüfungsausschuss zu verweisen. Die Stadt Bornheim mit ihren rund 50.000 Einwohnern verfügte im vergangenen Jahr -ohne Finanzerträge- über ordentliche Erträge (Einnahmen) in Höhe von 123,2 Mio. Euro. Da wäre es doch für viele Bürgerinnen und Bürgern nicht unerheblich zu wissen, wofür diese Summe verwendet wurde, bzw. ob von diesen Einnahmen am Jahresende noch etwas übrigblieb, um zum Beispiel die inzwischen auf 78,5 Mio. Euro angewachsenen Schulden im konsumtiven Haushalt abzubauen. Dies geschah im April im Finanzausschuss in einer kurzen halbstündigen Diskussion und wird nun im Mai dann nochmals im Stadtrat vielleicht intensiver erörtert.

Damit dieses Zahlen- und Prognosewerk nicht nur den Ratsmitgliedern zur Kenntnis gebracht wird, und anschließend nach den Ausschussberatungen aus dem Blick der Öffentlichkeit gerät, möchte ich im folgenden Beitrag einige Punkte des 64-seitigen Lagebericht 2021 näher beleuchten. Der Lagebericht soll ein Bild der tatsächlichen Verhältnissen der städtischen Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Stadt Bornheim vermitteln. Hat die Stadt nun einen Haushalt mit schwarzen Zahlen oder sind weiterhin die Ausgaben höher als die Einnahmen?

Im Jahresberichtes 2021 weist die Stadt Bornheim ein Ertragsergebnis von 3.295.077 Euro im Rechnungsjahr 2021 aus. Damit hätte Bornheim im 2. Jahr in Folge mehr Steuergelder und Drittmittel eingenommen als im Haushaltsjahr für den Dienstleistungsbetrieb Stadt Bornheim ausgegeben wurde.

Ist somit in Bornheim alles in Ordnung? Bei weitem nicht. Der Überschuss bei der Gegenüberstellung von Ausgaben und Einnahmen konnte im vergangenen Jahr nur dadurch ausgewiesen werden, dass das positive Jahresergebnis durch die coronabedingten „Außerordentlichen Erträge“ in Höhe von 3,8 Mio. Euro erreicht wurden, so der Beigeordnete und Stadtkämmerer Ralf Cugaly in seinem Lagebericht.  Doch sind diese „Erträge“ reale Einnahmen? Nein, es handelt sich um einen bilanziellen Sonderposten im städtischen Haushalt, den alle Kommunen in NRW dazu nutzen, um die coronabedingten Mehrbelastungen bis Ende 2024 außerhalb der tatsächlichen Haushaltsbilanz zu parken. Derzeit sind in diesem Sonderposten insgesamt 8,8 Mio. Euro aus den vergangenen zwei Jahren geparkt. Ab dem Jahre 2025 müssen die NRW-Räte dann entscheiden, ob sie die bis dahin aufgelaufenen Verbindlichkeiten einmalig von ihrem vorhandenen Eigenkapital abschreiben oder im konsumtiven Haushalt, bis 2075 jährlich, als zusätzliche Ausgaben ausweisen. Somit hätte der Stadthaushalt 2021 real wieder ein strukturelles Defizit. Alle der heute tätigen Kommunalpolitiker/innen werden bis 2075 nicht mehr im Stadtrat vertreten sein. Doch sie stellen für diese weitreichende Entscheidung im November/Dezember 2024 die Weichen.

Mindereinnahmen werden als Erträge ausgewiesen

Und damit sind wir beim Thema Kommunalsteuer. Die ertragsreichste Steuerquelle der Stadt ist der gesetzlich festgelegte Steueranteil von 15 Prozent, den die Stadt von allen Einwohnern Bornheims bekommt, die Lohn- oder Einkommenssteuer zahlen. Der Einkommenssteuerertrag betrug im vergangenen Jahr 31,7 Mio. Euro. Diese Einnahmen waren 2021 höher als im Jahre 2020, aber niedriger als für 2020 als voraussichtliche Einnahmen geplant waren. Nicht die tatsächlichen Einnahmen des vorvergangenen Haushaltsjahres, sondern die hypothetischen Planzahlen des vergangenen Doppelhaushaltes 2019/2020 waren Grundlage für die Isolierung von Coronabelastungen. Betriebswirte, Unternehmerinnen und Unternehmer wären dankbar für solche staatliche Bilanzierungsunterstützung. Daher wurde diese Differenz als ein nicht erzielter Fehlbetrag mit anderen Coronamindereinnahmen und Mehrbelastungen in Höhe von insgesamt 3,8 Mio. Euro in den eingangs erwähnten Sonderposten „Außerordentliche Erträge“ geparkt.

Anders verhält es sich bei den zweithöchsten Steuereinnahme der Stadt, der Gewerbesteuer. Geplant waren vom Stadtrat für das Haushaltsjahr 2021, 20 Mio. Euro Einnahmen. Doch unsere 779 mittelständigen, gewerbesteuerpflichtigen Firmen hatten tatsächlich im vergangenem Jahr, trotz der Pandemie, 21 Mio. Euro an Gewerbesteuer bei der Stadt eingezahlt. Zusätzlich zu ihrer Grundsteuer. Keine andere Kommunalsteuer hat im vergangenen Jahr so zugelegt wie die Erträge aus der Gewerbesteuer: Eine Steigerung um fast 25 Prozent, von 16,8 Mio. Euro 2020 auf nunmehr 21 Mio. Euro. Daher konnte die Stadt nicht die geplanten Erträge der Gewerbesteuer als Verluste in den CORONA Sonderposten parken, weil mehr eingenommen wurde als geplant war. Allein daran sollte eine aufmerksame Ratsfrau und Ratsherr erkennen können, wie vorteilhaft der Landtag das Problem für defizitäre Kommunen gelöst hat. Fiktive Verluste werden isoliert und sind als „Außerordentliche Erträge“ als Einnahmen verbucht worden!

Die Grundsteuer B in Höhe von 11,8 Mio. Euro und der städtische Steueranteil an der Umsatzsteuer in Höhe von 3,2 Mio. folgen dann im weiten Abstand als weitere städtische Steuerquelle. Eine wichtige Einnahmeposition der Stadt sind Schlüsselzuweisungen, Umlagen und  Zuschüsse, sogenannte Drittmittel. Sie betrugen im vergangenen Jahr 32,7 Mio. Euro. Fast genau so viel wie 2020.

Diesen Einnahmen stehen die Ausgaben gegenüber. So betrugen die ordentlichen Aufwendungen (Ausgaben) 125 Mio. Euro, dies waren fast 5 Mio. Euro mehr als 2020. Allein die Personalkosten stiegen um 4,3 Mio. Euro von 27,5 Mio. Euro auf 31,8 Mio. Euro.  Bis 2025 rechnet die Stadt hier mit einer weiteren Erhöhung bis zu 35 Mio. Euro jährlich. Doch am höchsten waren die Ausgaben in Höhe von 53,4 Mio. Euro für sogenannte Transferaufwendungen, darunter z. B. die Zahlungen an den Rhein Sieg-Kreis für seine Dienstleistungen und unser Beitrag zur Finanzierung des ÖPNV. Diese ÖPNV-Umlage wird 2022 auf 3,1 Mio. Euro steigen. Bornheim zahlt somit weiterhin den höchsten Solidarbeitrag aller 19 Kreiskommunen zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs.

5.074 Euro Verschuldung pro Einwohner in Bornheim

Die Gesamtschuldenlast der Stadt Bornheim (Investitions-, Liquiditätskredite und andere Verbindlichkeiten) betrug zum Jahresabschluss 245,2 Mio. Euro. Davon allein 78,5 Mio. Euro Kassenkredite, vergleichbar mit einem Dispositionskredit. Auf weit mehr als die Hälfte der Bornheimer Jahreseinnahmen belief sich im Dezember dieser Liquiditätskredit. Genau darin liegt das größte finanzielle Risiko, weil bei steigenden Zinsen und einem weiteren negativen Jahresergebnis das Eigenkapital der Stadt wie Schnee in der Sonne schmilzt. Dann drohen der Stadt wieder Aufgaben- und Investitionseinschränkungen. Höhere Steuern und Abgaben kommen auf die Einwohner zu. Die städtischen Verbindlichkeiten mit den darin enthaltenen Krediten betrugen zum Ende des Geschäftsjahres 5.074 Euro je Einwohner. Vor fünf Jahren betrug die pro Kopfverschuldung „nur“ 4.406 Euro. Der Kämmerer geht jetzt davon aus, dass unter gleichen Bedingungen -Haushaltsabschlüsse mit Überschüssen- in 31 Jahren die Effektivverschuldung vollständig getilgt wäre. Wir schrieben dann das Jahr 2053.

Was sagen uns diese Zahlen?

Der Ausgleich zwischen den (ordentlichen) Einnahmen und Ausgaben ist die bedeutendste Kenngröße zur Beurteilung der Generationengerechtigkeit. Also die Beantwortung der Frage: Wirtschaftet unsere Stadt mit einen Haushaltsdefizit derzeit weiter auf Kosten späterer Generationen?
Bürgermeister Wolfgang Henseler (SPD) hatte 2004 von seinem Vorgänger Wilfried Henseler (CDU) einen defizitären Haushalt in Höhe von 8 Mio. Euro übernommen. Der SPD-Bürgermeister konnte, nach einer langen und einschränkungsreichen Konsolidierungszeit, 2020 seinem Nachfolger Christoph Becker (parteilos) erstmals einen geringen Überschuss von 184.226 Euro im ordentlichen Ergebnis hinterlassen. Auch wenn seine eigene Partei, bei der Schlussabstimmung, diesen Haushalt nicht mitgetragen hat, war dies eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung, an der viele Ratsmitglieder und die Stadtverwaltung mitgearbeitet haben. Damit war die jahrelange Phase des Haushaltssicherungskonzeptes abgeschlossen. Der Stadtrat konnte 2021 erstmals wieder unabhängig vom Zustimmungsverfahren der Kommunalaufsicht über neue Vorhaben entscheiden und beschloss sofort neue zusätzliche Kostenprojekte in den Doppelhaushalt 2021/22 einzufügen.

Das ordentliche Ergebnis schloss 2021 mit einen Defizit von rund 2 Mio. Euro ab.

Wenn die (ordentlichen) Erträge und die Aufwendungen nicht ausgeglichen sind, oder mittels fehlender Überschüsse der angehäufte Schuldenberg nicht abgetragen wird so kann geschlussfolgert werden, dass keine generationengerechte Haushaltspolitik durch den Stadtrat erfolgt. Insbesondere wenn in Zukunft die prognostizierten ordentlichen Ergebnisse in Millionenhöhe defizitär sind. Dies ist im aktuellen Jahresbericht auf Seite 37 nachzulesen.

Der 64-seitige Bericht zur finanziellen Situation der Stadt Bornheim bietet noch weitere interessante Erkenntnisse z.B. auf den Seiten 49 bis 61, die aber den Umfang dieses Beitrages sprengen würden. Doch zum Schluss möchte ich doch noch auf einen Punkt hinweisen, den man bei vielen Zahlenwerken berücksichtigen sollte: Trau nie einem Zahlenwerk, dass du nicht selbst überprüft hast.

Um Vergleichszahlen über die Ein- und Ausgaben der Stadt, die Vermögenslage sowie Kapitalstruktur zu bekommen werden sogenannte Kennzahlen errechnet. Dazu wurde im Lagebericht die Einwohnerzahl durch die jeweilige Haushaltsposition geteilt.

So wird z. B. das Grundsteueraufkommen durch die Einwohneranzahl geteilt, obwohl nur Haushalte von Hauseigentümer, Mietern (über die Nebenkosten) sowie Firmen, aber nicht alle Einwohner die Grundsteuer zahlen. So zahlte im Lagebericht theoretisch jeder Einwohner -vom Baby bis zur hochbetagten Seniorin und Senior- 268 Euro Grundsteuer B. Bei der Gewerbesteuer weist die Stadt einen 435 Euro Betrag pro Einwohner aus. Wenn man aber die 21 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen durch die tatsächlich 779 zahlenden Betriebe teilt, so hat 2021 durchschnittlich jede gewerbesteuerpflichtige Firma in Bornheim rund 27.000 Euro Gewerbesteuer eingezahlt.

Doch solche relativen Zahlen werden sie vergeblich bei den Kennzahlen zu den Steuererträgen im Lagebericht der Stadt Bornheim suchen.

Meine Meinung:

Im Zeitvergleich zu den Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2021/22 wurde der Tagesordnungspunkt „Lagebericht zum Haushalt 2021“ im April schnell nach nur einer Dreiviertelstunde beendet. Kein Ausschussmitglied fragte den Bürgermeister, ob es konkrete Vorschläge gibt wie der Rat die roten Bilanzzahlen ab 2022, im Bericht auf Seite 38 prognostiziert, abwenden kann.

Die Rheinenergie kündigte gegenüber der Stadt eine Steigerung der Energiekosten um 200 bis 400 Prozent an. Da fragte keiner nach Vorschlägen, wie die Stadt ihre hohen Energiekosten in KITAs, Schulen, Rathaus und im Hallenbad senken könnte. Dazu ergänzte der Bürgermeister: „Wenn wir die Raumtemperatur nur um 1 Grad senken, dann sparen wir 6 Prozent Energie.“ Doch ist dies im Hallenbad und in den KITAs überhaupt noch möglich? Bedeutet die Energiewende für die Beschäftigten der Stadtverwaltung mehr wärmende Kleidung am Arbeitsplatz?
Für 200 Mio. Euro sind Investitionen im Hoch- und Tiefbau beschlossen worden, die mit Krediten finanziert werden. Ob der Rat mit den geplanten 54 bis 62 Mio. Euro für die 2. Gesamtschule in Merten, den Neubau des Hallenbades in Höhe von 35 Mio. Euro und die 3,4 Mio. Euro für die Erneuerung des Bornheimer Stadions, um nur drei Großprojekte zu nennen, auskommen wird, ist heute fraglicher denn je. In einem seit Jahren nicht mehr gekannten Tempo steigen die Baukosten und jetzt auch die Bankzinsen. Amtsleiter Obladen wies auf die Notwendigkeit einer Priorisierung im Hoch- und Tiefbausektor hin und riet zu einem diesbezüglichen Ratsbeschluss. Dazu BM Christoph Becker: Wir müssen unsere Bauprojekte neu in den Blick nehmen!

Doch nicht nur das Gebäudemanagement bedarf einer kritischen Betrachtung, sondern auch das Personalmanagement. Unstreitig ist, dass Erzieherinnen und Erzieher in den KITAs, Fachingenieure im Tiefbau und in der Bauverwaltung fehlen. Die sind aber nur schwer auf dem leergefegten Arbeitsmarkt zu bekommen, wie die wöchentlichen Stellenausschreibungen der Stadt belegen. Je schneller Bauherrn z.B. ihren Bauantrag genehmigt bekommen umso schneller fließen hohe Gebühren in die Stadtkasse, die örtliche Wohnungsnachfrage kann gemildert werden, die Einwohnerzahl steigt und unser Einkommenssteueranteil erhöht sich, wenn gutverdienende Berufstätige nach Bornheim ziehen. Doch welchen finanziellen Ertragsbeitrag leisten Klima-, Ehrenamts- und Radmanager? Bei dieser neuen Stellenbesetzung ist der Stadtrat offensichtlich den politischen Wünschen und Liebhabereien einiger Fraktionen gefolgt. Personalkostensteigerungen in Höhe von rund 160.000 Euro jährlich sind die Folgen, die in den genannten drei Fällen nicht durch Gebühreneinnahmen gedeckt werden. Es gab einmal einen Grundsatzbeschluss, dass in jeder Vorlage die voraussichtlichen Einnahmen und Kosten einer Ausschussentscheidung genannt werden müssen. Leider wird heute darauf in den Ratsvorlagen oft genug verzichtet. Warum eigentlich?

Wenn es keine Übernahme von Altschuldenlasten durch das Land oder den Bund gibt, zahlen wir Einwohner die Rechnung. Dann wird die Sanierung der städtischen Finanzen wohl wieder allein bei den Haus- und Grundbesitzern, den Gewerbetreibenden und den Gebührenzahlern hängen bleiben. Dies sollten die Ratsmitglieder einmal vorrangig bedenken. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. HSt.

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