RadPendlerRoute Bornheim:
Eine fast nicht endende Geschichte einer Planungsidee.
Beim Lesen der Akten zur aktuellen Radpendlerroutenplanung in Bornheim erinnerte ich mich an eine Straßenbauplanung aus den 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals hatte im Bornheimer Gemeinderat das Auto den gleichen Stellenwert wie heute das Fahrrad im Stadtrat. Seinerzeit ging es um eine reine Autostraße von der Kreuzung Hellenkreuz, im Ortsteil Bornheim, bis nach Alfter, quer über den Vorgebirgshang. Leidenschaftlich wurde um die sogenannte Hangstraße im Gemeinderat und in der Bürgerschaft gestritten. Bürgerinitiativen und Bürgeranträge reflektierten das kritische Meinungsbild aus der Öffentlichkeit in den Gemeinderat. Damals fanden ebenfalls keine städtischen Anliegerversammlungen, weder in Bornheim noch in Roisdorf, statt. Doch kurz vor der Kommunalwahl 1975 wurden diese abstrusen Pläne von den damaligen Befürwortern fallen gelassen, vordergründig weil das Land NRW sich nicht mehr an den Baukosten beteiligen wollte. Tatsächlich aber wegen des Widerstands der Roisdorfer und Bornheimer Bürgerschaft. Als Alternative wurde schließlich eine „Talstraße“ gebaut, die aber erst im Jahre 2015 endgültig bis Dransdorf fertiggestellt wurde.
Straßenbauprojekte dauern in Bornheim fast ebenso lange wie der komplette zweigleisige Ausbau der Stadtbahnlinie 18. Man plant jahrzehntelang. Dabei wäre dies bei der aktuellen Radpendlerroute nicht notwendig gewesen, weil die Infrastruktur für ein optimiertes Radwegenetz vorhanden ist, die Politik strebt aber leider die Luxusvariante an, anstatt auf eine qualitativ ausbaufähige Radwegestrecke, entlang der König- und der Bonner Straße und unter Einbeziehung des vorhandenen Bachbegleitweges zurückzugreifen. Schon heute ist diese Radwegestrecke im kreisweiten Radwegenetz ausgewiesen und ausgeschildert. Doch wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen, sagte einst der US-Philosoph George Santayana.
Wie begann nun diese über 8 Jahren andauernde Trassendiskussion?
Auf Vorschlag des Fahrrad-Clubs (ADFC) beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung (StEA) des Bornheimer Stadtrates im Mai 2013 gemeinsam mit den Nachbarkommunen des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Bonn am Planungswettbewerb „Radschnellwege“ teilzunehmen. Ein Planungsbüro wurde mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt und der ADFC sollte an der Planung mitbeteiligt werden.
„Um die Ortsdurchfahrt Bornheim (Königstraße/Servatiusweg) für das Radfahren sicherer zu machen, könnte hier mittels einer Einbahnstraßenregelung die Innenstadt insgesamt attraktiver gestaltet werden“, so der ADFC 2013 in seiner schriftlichen Begründung.
Der Radschnellweg könnte in Roisdorf entlang der Stadtbahntrasse und in der Nähe des Roisdorfer DB-Bahnhofes vorbeiführen, schrieb der ADFC weiter in seinem Vorschlag. Auf dieser Grundlage erfolgte der genannte Beschluss im StEA, ohne aber den Roisdorfer DB-Bahnhof und die Königstraße mit einzubeziehen. Die Stadtverwaltung hatte im Mai 2013 erstmals den neuen Trassenverlauf, von der Pohlhausenstraße entlang der Hangseite der Stadtbahn bis zur Straße Siefenfeldchen und weiter bis zum Stadtbahnhaltepunkt RATHAUS in der Ratsvorlage als neue Plangrundlage eingebracht. Ignoriert wurden die damit einhergehenden verkehrsplanerischen Vorgaben des Wettbewerbs und die ökologischen Belange des Landschaftsgesetzes NRW. Einstimmig beschloss der Stadtrat, am Wettbewerb „Radschnellweg von Bornheim bis Siegburg“ teilzunehmen.
Als im Juli des gleichen Jahres die finanziellen Mittel von rund 1 Mio. Euro bereitgestellt werden sollten, hatte ich mir inzwischen die Streckenführung vor Ort genauer angeschaut. Danach äußerte ich erstmals meine Bedenken wegen der ungesicherten und problematischen Wegeführung in Bornheim und Roisdorf und stimmte als Einziger gegen diese Trassenführung, aber nicht gegen einen besseren Radweg in Richtung Alfter.
Im November des gleichen Jahres scheiterte das Projekt Radschnellweg, weil die Kriterien des Landes nicht überall eingehalten wurden, wie z.B. die Trennung der Fuß- und Radverkehre, die durchgängig Wegebreite von 4 Metern, sowie das fehlende Einverständnis der Stadt St. Augustin beim Kreiswettbewerb teilzunehmen, so das zuständige Landesministerium auf meine Nachfrage.
Daraufhin wurde im Juni 2016 ein neuer Vorstoß gestartet, auf der gleichen Trasse, diesmal aber nur bis Bonn-Innenstadt. Von Bornheim über Alfter, Dransdorf bis zum Bonner Hauptbahnhof sollte jetzt (Achtung: neue Wortschöpfung) die „RadPendlerRoute“ gehen. Die kalkulierten Baukosten waren jetzt für Bornheim auf 1,4 Mio. Euro gestiegen. Gesamtkosten des Projektes: 4,2 Mio. Euro. Der Zuschussbetrag sollte diesmal beim Bundes-Umweltminister über den BMUB Bundeswettbewerb „Klimaschutz und Radverkehr“ eingeholt werden.
In der Ratssitzung beantragte ich, dass eine alternative Route, ohne den Abschnitt Aeltersgasse-Siefenfeldchen, entlang der vorhandenen Rad-Wegetrasse am Bornheim-Roisdorfer Bach bis Alfter in Auftrag gegeben werde.
Ferner sollte über den beabsichtigten Eingriff in den geschützten Landschaftsteil am Botzdorfer Hang eine Stellungnahme der Landschaftsbehörde in Siegburg eingeholt werden. Erstmals beantragte ich zusätzlich, dass der Bürgermeister beauftragt wird, eine Anliegerversammlung mit allen Varianten im 2. Halbjahr 2016 durchzuführen. Alle 3 Anträge wurden mit über 40 Nein-Stimmen abgelehnt. Als einziger Verband wurde der ADFC in die Planung mit einbezogen, nicht aber die Roisdorfer Bürgerschaft und erst recht nicht die Naturschutzverbände. So viel zum jüngst wieder im Stadtrat erörterten Thema: Förderung und Stärkung der Bürgerbeteiligung in Bornheim.
Auch dieser 2. Vorstoß scheiterte kläglich, weil vergessen wurde einen konkreten Förderantrag zu stellen. Stattdessen erhielt die Stadt Bonn als Einreicher der gemeinsamen Projektskizze den Bescheid, dass der Projektvorschlag keine ausreichende Priorität erreicht hätte und somit für eine Förderung nicht berücksichtigt wurde, so der Bürgermeister in einer Stellungnahme im Januar 2017.
Inzwischen hatte der Stadtrat im Dezember 2016 erkannt und beschlossen, dass auch in Bornheim die wasserrechtlichen Belange der EU-Wasserrahmenrichtlinien zu berücksichtigen sind und ein Bodenordnungsverfahren für diese Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit der Trasse der RadPendlerRoute einzuleiten ist. Dies wäre auch der vernünftigere Weg gewesen, in einem geordneten Verfahren, unter Beteiligung der Bürgerschaft, eine Vorprüfung der gesamten Trasse einzuleiten. Ein diesbezüglicher Beteiligungsweg (Planfeststellungsverfahren) wird bei allen Straßen- Brücken- und Bahnprojekten im Außenbereich angewandt. Ein solches objektives Beteiligungs- und Prüfverfahren, gemeinsam mit den staatlichen Fachbehörden, den Umwelt- und Wasserverbänden und der interessierten Bürgerschaft einzuleiten, wurde in den Jahren danach einfach nicht weiterverfolgt, weil man 2016 noch davon ausging ein Bodenordnungsverfahren mit seiner mehrjährigen Verfahrensdauer würde bis 2021 dauern. Man hoffte über freihändige Verhandlungen schneller in den Besitz der erforderlichen Flächen zu kommen. Wie man heute feststellen kann, eine Fehleinschätzung der verantwortlichen Planer.
Stattdessen startete im September 2017 der Rat seinen dritten und letzten Versuch, Zuschüsse für diese, mit gravierenden Mängeln behaftete Planung, zu bekommen. Diesmal wieder beim Land NRW, aber ohne Änderung der Planung. Nur die FDP (aus Kostengründen), ein Einzelratsmitglied und ich stimmten diesmal gegen den Ratsbeschluss, eine weitere Entwurfsplanung zu erstellen.
Der Naturschutzbeirat des Rhein-Sieg-Kreises erteilte der Gemeinde Alfter im Oktober 2019 die Befreiung von Vorschriften des Landschaftsgesetzes für den Bau einer RadPendlerRoute im Bereich der Gemeinde Alfter. Eine Entscheidung, die die Stadt Bornheim bis heute nicht erreicht hat, gelang der Gemeinde Alfter in kürzester Zeit. Alfter möchte noch in diesem Jahr mit dem Ausbau beginnen, wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist.
Die Stadt Bornheim hingegen informierte die Ratsmitglieder im Januar 2020 optimistisch, dass im 2. Halbjahr 2020 der Baubeginn der RadPendlerRoute „angestrebt“ wird. Wo genau, sagte sie aber nicht.
Dies war nun den GRÜNEN-Ratsmitgliedern nicht ambitioniert genug, sie beantragten im April 2020 eine Steigerung des Radverkehrsanteils in Bornheim von derzeit 8 auf 25 Prozent bis zum Jahre 2025, als eine neue städtische Zielvorgabe. Es wurden mehrere Radwegeausbauprojekte genannt, u.a. auch die RadPendlerRoute Bornheim-Bonn. Daraufhin schrieb der Bürgermeister: Diese deutliche Steigerung der Radwegebaukapazität erfordert neben der Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel ggf. auch zusätzliche Personalkapazitäten. Im Haushalt 2021/2022 wurden mit 600.000 Euro und zusätzlichen Planstellen im Fachbereich Tiefbau diesem Ansinnen entsprochen.
Meine Meinung:
Noch immer ist der Landschaftspflegerische Begleitplan nicht dem Naturschutzbeirat des Rhein-Sieg-Kreises vorgelegt worden. Somit ist auch noch keine Befreiung von den Ge- und Verboten des unter Schutz stehenden Hangbereich und des Biotopverbunds Bornheimer Bach erteilt worden. Die jüngste Beiratssitzung fand im September, die nächste Sitzung findet Ende November statt. Ebenso wenig konnte das Liegenschaftsamt der Stadt die notwendigen Grundstücke für den Bau des neuen Radweges erwerben. Weil Eigentümer aus ökologischen und ökonomischen Gründen gegen einen Verkauf ihres Grundeigentums für diese umstrittene Trasse sind, beschloss der Fachausschuss im vergangenen Jahr einen Bebauungsplan aufzustellen. Nur mit Hilfe dieser Rechtsgrundlage können die Eigentümer über ein sogenanntes Besitzeinweisungsverfahren enteignet werden. Hier endete offensichtlich die Bereitschaft der ehrenamtlich tätigen Ratsfrauen und Ratsherren, in einem Dialog mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu einem Konsens zu gelangen. Statt einer Einladung zur Anliegerversammlung in Roisdorf, wird die Keule der Enteignung im Rathaus geschwungen. Meiner Meinung nach ist dies ein beispielloses Politikversagen in Bornheim. Jetzt wäre es an der Zeit weiteren Zeitverzögerungen zu begegnen. Gemeinsam mit den Anliegern der RadPendlerRouten-Trasse, dem ADFC und den Naturschutzverbänden sollten sich die Akteure an einen Tisch setzen und kooperativ nach einem Kompromiss suchen. Sonst scheitert auch dieser dritte Versuch, eine gute Radwegverbindung von Bornheim bis nach Bonn zu realisieren. HSt.