Keine Kirmes mehr in der Ortschaft Bornheim

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…nach einem Dekret von Bürgermeister Christoph Becker!

Die Kirmes in der Ortschaft Bornheim Ende August/Anfang September 2025 fand nicht statt. Verbunden war damit auch der Ausfall der Gewerbeschau und die sonntägliche Ladenöffnung an der Bornheimer Königstraße.

Dass die Septemberkirmes in der größten Ortschaft der Stadt Bornheim ausfällt, hat leider Ihren Ursprung nicht allein im Rückzug des bisherigen Eventbetreibers Lutz Persch und/oder im Verzicht des Bornheimer Gewerbevereins auf seine Gewerbeschau.

Wie Bornheims Dezernent Ralf Cugaly in einer Ratssitzung auf Nachfrage mitteilte, fand sich obgleich intensiver Bemühung der Stadtverwaltung kein örtlicher Verein, Ortsausschuss oder privater Betreiber, der 2025 die Organisation und damit auch die haftungsrechtliche Verantwortung für die Durchführung der Bornheimer Großkirmes übernehmen wollte. Trotz 500 Euro Organisationszuschuss aus dem Stadtsäckel.

Wird jetzt die „Botzdorfer Kirmes“ auf dem Peter-Fryns-Platz -an Fronleichnam- zukünftig die einzige Kirmesveranstaltung im Ortsteil Bornheim sein, fragen sich viele Bornheimer. Diese Festveranstaltung wird von der St. Hubertus-Schützenbruderschaft Bornheim und dem Musikverein Bornheim 1967 e.V. ausgerichtet. Auch für die Maikirmes im kommenden Jahr fand sich bislang kein Veranstalter, wie vom Ortsvorsteher Dominik Pinsdorf zu erfahren war.

Bornheimer Bürger auf der Septemberkirmes mit bunten Buden und mit Getränke- und Imbissständen darunter ein Stand mit einem leuchtenden roten Frueh-Koelsch-Schild.
Großen Zuspruch fand in der Vergangenheit die Bornheimer Septemberkirmes

Ein gravierender Eingriffs in die Vereinsarbeit.

Im November 2023 hatte Bürgermeister Christoph Becker den Ortsausschüssen und Ortsvorstehern mitgeteilt, dass er die Entscheidung getroffen habe, die Organisation der Kirmessen nicht mehr durch seine Verwaltung durchzuführen zu lassen, wie das vorher ohne Probleme jahrzehntelang praktiziert wurde. Dazu hatten die SPD- und Bündnis 90/GRÜNE-Fraktionen folgende Fragen gestellt. Diese Äußerung des Stadtoberhauptes hatte zu Bitterkeit und Verärgerung bei den Ortsausschüssen und vielen Vereinen geführt. Betroffen waren 10 Kirmessen in den Bornheimer Ortschaften.

Bürgermeister Becker begründete dies mit der prekären Personalsituation in seiner Verwaltung und betonte, dass seine Verwaltung nicht über die Kapazitäten verfüge, auch nur einzelne Kirmessen im Detail vorzubereiten und vor allem nicht für die Durchführung Sorge tragen kann. Obwohl in der Abteilung Ordnungswesen im Januar 2024 zwölf und im Frühjahr 2025 wieder 14 Mitarbeitende beschäftigt waren. Im Jahre 2015, unter Bürgermeister Wolfgang Henseler, konnte mit nur 9 Mitarbeitern alle 10 Kirmessen organisiert werden.

Dazu schrieb uns der ehemaliger Verwaltungsmitarbeiter Winand Flohr:

De Bonneme Kirmes öss fott!

Nachdem bekannt wurde, dass in diesem Jahr in Bornheim keine Großkirmes stattfinden wird, kamen mir noch einmal die alten Zeiten in den Sinn. 1962 habe ich beim damaligen Amt Bornheim mit 14 Jahren meine Lehre begonnen und stand danach rd. 50 Jahre im Dienst des Amtes und der Rechtsnachfolger. Aus meiner Erinnerung kann ich berichten, dass damals und auch schon seit  altersher die Organisation der Kirmesveranstaltungen eine Dienstangelegenheit der Verwaltung war.
Bei damals schon rd. 28.000 Einwohnern in insgesamt  noch 15 Ortschaften der amtsangehörigen Gemeinden Bornheim, Sechtem und Hersel  war das eine selbstverständliche Sache, die mit Engagement einfach, pragmatisch und bürgernah vom Ordnungsamt in der Besetzung Amtsleiter, Mitarbeiter, 2 Außendienstlern und einem Lehrling gehandhabt wurde. Vorhanden war ein Verzeichnis der betreffenden Veranstaltungen, welches nach Abstimmung mit den Ortsvorstehern immer auf dem neuesten Stand gehalten wurde. Ebenfalls vorhanden war ein Verzeichnis aller Schausteller, die bisher mit Ständen, Fahrgeschäften, Buden etc. auf den Kirmesveranstaltungen vertreten waren.

Das Kirmesverzeichnis wurde ein Jahr zuvor den betreffenden Schaustellern, den  übrigen Marktbeschickern und neuen Interessenten  mit der Bitte um Rückäußerung bis zu einem bestimmten Termin bezgl. einer Teilnahme und Mitteilung weiterer Angaben (Art der Geschäfte, Größenangaben usw.) übersandt. Der Auszubildende hatte die Aufgabe, den Versand der Schreiben an die Schausteller und die Kontrolle des termingerechten Rücklaufes zu übernehmen. Anschließend wurden diese gesammelt und in Einzelfällen ggfs. noch einmal erinnert.  Nach dem Eingang der Rückmeldungen wurden diese ausgewertet, die Verfügbarkeit der Flächen anhand der örtlichen Pläne geprüft und die Schausteller, Imbissbuden und übrigen Geschäfte  erhielten ihre Zusagen. Alles in Allem:  eine einfache Sache, die damals bei einem noch überschaubaren Personalbestand erledigt wurde.

Eingebunden waren die jeweiligen Ortsvorsteher, mit denen ein enger Kontakt und Informationsaustausch in Verwaltungsangelegenheiten sowie  vielen anderen Dingen des Ortslebens bestand. Zusätzlich wurde auch der betreffende  Ortsausschuss in das Geschehen eingebunden.

Einige Tage vor der Kirmes wurden die Standflächen nach den vorliegenden Angaben vom Außendienst auf den Kirmesplätzen mit wetterfester Kreide eingezeichnet und durchnummeriert. Den Zeit- bzw. Arbeitsaufwand aller Verwaltungsbeteiligten insgesamt ist im Nachhinein schwierig abzuschätzen. Für die reine Büroarbeit –aller Kirmesveranstaltungen- scheint mir ein Zeitanteil von ca. 40 bis 50 Stunden im Jahr gerechtfertigt.

Damals wurden sowohl Groß-, als auch Kleinkirmes mit entsprechenden Veranstaltungen bedacht. Der Zeitaufwand des Außendienstes je Kirmes -Vorbereitung, Sicherstellung der Ver- und Entsorgung,  Überprüfung der Standflächen, Einzeichnung der Standflächen in den jeweiligen Plan und vor Ort, Kontrollen beim Aufbau sowie während und nach der Kirmes dürfte im Schnitt damals einen halben Arbeitstag je Kirmes betragen haben. Heute, so war zu erfahren, kommt ein städtischer Mitarbeiter vorbei, schaut sich kurz den Platz an und geht wieder.

Seit 2024 hat sich die Stadt Bornheim von diesem Service mit verschiedenen Begründungen verabschiedet: Zu wenig Personal, zu hohe Kosten, zu viel andere Aufgaben. Die Zeiten, die Ansprüche, das Verhalten von Kunden und Anbietern, die Zahl und die Dichte der verschiedenen Veranstaltungen, aber auch die gesetzlichen Anforderungen an Veranstaltungen, Gebühren etc. haben sich zwischenzeitlich stark geändert.

Die Bornheimer Kirmesveranstaltungen (in letzter Zeit organisiert durch den Gewerbeverein) mit „Automeile“, Buden auf der Königstraße (darunter zahlreiche, die auf einer Kirmesveranstaltung absolut nichts zu suchen hatten) und unter  Zuhilfenahme eines gewerblichen Eventveranstalters haben sich aus meiner Sicht regelrecht „platt gelaufen“. Hinzu kommt, dass die örtlichen Geschäfte mit wenigen Ausnahmen kaum etwas verdient haben und daher zunehmend weniger  Interesse  zeigten (O-Ton: Kosten höher als Einnahmen). Aber auch die Schausteller sahen sich mit rückläufigen Einnahmen konfrontiert. Ausnahmen bilden hier ggfs. nur die Getränke- und Imbissbuden.  Resultat: es findet sich niemand mehr, der sich hier ehrenamtlich engagiert möchte. Selbst ein Ortsausschuss existiert in Bornheim nur noch auf dem Papier.

Im Nachbarort Roisdorf klappt es bisher nur deshalb, weil sich viele Vereine mit ihren speziellen Angeboten beteiligten und dabei grundsätzlich auf ihre ehrenamtlichen Arbeitskräfte und den Besuch ihrer Mitglieder zählen können.  Aber auch dort hat mancher Schausteller zu kämpfen, an deren Ständen nicht viel los war, Angebot und Besuch lassen spürbar nach.(WF)

Doch Bürgermeister Christoph Becker hat 2023 andere Prioritäten gesetzt und einfach entschieden diesen städtischen Veranstalterservice ab 2024 zu privatisieren und hat gleichzeitig dabei dem gelebten Brauchtum in unseren Ortschaften einen bleibenden Schaden zugeführt, wie aus Vereinskreisen zu hören war.

Die Verwaltung, so der Bürgermeister, ist jedoch davon überzeugt, dass aufgrund der besonderen Struktur der Kirmessen im gesamten Stadtgebiet Bornheims die Übertragung der Kirmessen an die örtlichen Akteurinnen und Akteure – mit oder ohne professionelle Unterstützung – eine gute und langfristig tragfähige Lösung für diese Veranstaltungen ist.

Mit den Satz: „Die Organisation und Durchführung in die Hände der Akteure in den Ortschaften zu geben und diesen dadurch auch die Möglichkeit zu geben, ihre Kirmessen intensiv ausgestalten und aufwerten zu können, erscheint sowohl für die Akteure als auch für die Qualität der Kirmes von Vorteil zu sein,“ vollendete der Bürgermeister seine Antworten im Fachausschuss des Stadtrates.

Vereine, wie z.B. der TuS-Roisdorf, die Salia Sechtem die KG-Vorgebirgssterne sind auf die Einnahmen der von ihnen betriebenen Getränke- und Imbissstände auf den Kirmessen zur Finanzierung ihrer Jugendarbeit angewiesen. In jener internen November-Besprechung im Rathaus wurden die Vereine und Ortsausschüsse vor die ultimative Entscheidung gestellt, dass sie ab 2024 die Organisation, und somit auch die haftungsrechtliche Verantwortung mittels einer Veranstalter-Haftlichtversicherung, einschließlich der Verträge mit den Schaustellern, der Energiebereitstellung, der Frischwasser Ver- und Entsorgung und auch der Reinigung der Dorfplätze übernehmen müssten. Ebenso die Bereitstellung einer für Nutzer kostenfreien Toilettenanlage. Nachträglich wurde ihnen dafür 500 Euro städtische Kostenbeteiligung angeboten. Sollte das aber den Vereinen und Ortsausschüssen nicht gelingen, dann finde keine Kirmes mehr im Dorf statt oder ein privater Eventveranstalter würde die Durchführung der Kirmessen in Bornheim übernehmen. Die Firma „LuPe EVENTS“ hatte vorab beim Bürgermeister angefragt und unter Bedingungen ihre Bereitschaft zur Übernahme erklärt. LuPe-EVENTS würde dann aber auch alle Erlöse ihrer Getränke-, Imbissverkaufsständen und die Standgebühren einbehalten, so war von Teilnehmerseite zu hören.

Meine Meinung:
Diese einseitige „friss oder stirb“ Verfügung von Bürgermeister Christoph Becker stelle ich auch heute noch infrage. Keiner seiner Vorgänger, ob als Stadtdirektor oder als hauptamtlicher Bürgermeister hatte sich zu diesem Schritt entschlossen oder gar getraut. Mit einer internen Neugruppierung beim Personaleinsatz oder die Einstellung von Aushilfskräften im Rathaus könnte gewiss eine Lösung gefunden werden. Ein Bürgermeister wird für kluge Lösungen von Problemen gewählt, nicht für die Dezimierung von Kirmessen in Bornheims Ortschaften. Wie beispielhaft jetzt eine der zehn betroffenen Dorfkirmessen in der Stadt Bornheim deshalb untergeht.

Seine Vorgänger im Amt waren so tief in das örtliche Vereinsleben eingebunden, dass sie ein so radikales Dekret mutmaßlich nicht verordnet hätten. Jetzt bleibt es abzuwarten, ob die neue Bürgermeisterin oder der neue Bürgermeister, sicherlich unter dem Beifall vieler örtlichen Ehrenamtler und Bornheimer Kirmesfreunde, dieses abträgliche Dekret aufhebt und die Organisation der Kirmessen wieder durch die Stadt ausrichten lässt. Damit sie oder er im ersten Amtsjahr 2026 wieder eine schöne Bornheimer Großkirmes eröffnen kann. HSt.

1 Gedanke zu „Keine Kirmes mehr in der Ortschaft Bornheim“

  1. Ich stimme den Ausführungen von Herrn Flohr in vollem Umfang zu. Auch ich war viele Jahre bei der Stadt Bornheim tätig. Ich habe selbst als stv. Fachbereichsleiter des Ordnungs- und Sozialamtes einige Jahre die Sachbearbeitertätigkeit in diesem Bereich übernommen. Ich war zuständig u. a. für die Festsetzung aller Märkte, Messen, Organisation und Festsetzung der Volksfeste in der Stadt Bornheim. Diese Tätigkeit betrug lt. meiner Arbeitsplatzbeschreibung lediglich 8% meiner Arbeitszeit.
    Ein weiteres Beispiel:
    Ich bin z. Zt. Geschäftsführer der Dorfgemeinschaft Merten, u. a. zuständig für die Durchführung der Prinzenproklamation in dem Festzelt auf dem Dorfplatz. Vor Corona prüfte ein Statiker des FB 6 einen Tag vor der Veranstaltung die Gebrauchsabnahme für das Zelt . Nach Corona wurde das Zelt vom Statiker und einem Vertreter der Feuerwehr abgenommen. Im Jahr 2025 erschien der Statiker, ein Vertreter der Feuerwehr und 4 Mitarbeiter des Ordnungsamtes zur Abnahme. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes überreichten mir dann auch am 10.01.2025 (einen Tag vor der Veranstaltung) die Schankerlaubnis, die ich bereits am 20.11.2024 beantragt hatte. Da frage ich mich, ob das alles so richtig ist. Offensichtlich ist das Problem innerhalb der Organisation des Ordnungsamtes zu finden.

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