Wie ein Radwegebau in Roisdorf zur Farce wurde.
Mit einer pompös verkündeten Absichtserklärung, einem sogenannten Letter of Intent vereinbarten die Kommunen Alfter, Bornheim und Bonn im September 2017 das Ziel, die Rad-Pendler-Route in interkommunaler Zusammenarbeit und in enger Kooperation zu entwickeln. Nach dem gescheiterten Versuch 2013, einen Radschnellweg zwischen Bornheim und Bonn zu bauen, blieb nur diese Alternative, entlang der Stadtbahnlinie 18 eine Radverkehrsanlage fürs schnelle Radfahren einzurichten. Diese Radwegeplanung sollte in erster Linie dem Berufsnahverkehr der Radfahrer dienen. Auf der Grundlage der Förderrichtlinie-Nah des Landes NRW 2017 wurde die Vorplanung einer Radpendlerroute (RPR) vom Rat beschlossen. Ziel der Projektpartner war es, die Radpendlerroute bis zum Ende des Jahres 2023 in modular aufgeteilten, aufeinander aufbauenden Schritten vom Bonner Hauptbahnhof bis zum Stadtbahnhaltepunkt Bornheim Mitte umzusetzen. Wobei die wesentlichen Elemente bereits in den Jahren 2019 und 2020 realisiert werden sollten. Mit dieser Willensbekundung verfolgten die Projektpartner das Ziel, eine Radverkehrsverbindung zu qualifizieren, um Pendlern zwischen Bonn, Alfter und Bornheim eine zügige und leistungsfähige Alternative zum Autoverkehr zu bieten. Da der Straßenverkehr und der ÖPNV in Richtung Bonn auf den Parallelverbindungen vor allem in den Spitzenstunden „angeblich“ keine freien Kapazitäten mehr aufweist, kommt dem Radverkehr bei der Beseitigung der heutigen Verkehrsprobleme eine besondere Bedeutung zu, so die Erklärung der beteiligten Städte damals.
Die einzige Kommune, die es schließlich schaffte, bis 2023 ihren Abschnitt pünktlich fertigzustellen, war Alfter. Bis auf die fehlende Brücke über die K12 an der Grenze Alfter zur Stadt Bonn. In Bonn endet zurzeit der ausgebaute Teilabschnitt der Radpendlerroute am Stadtbahnhaltepunkt Dransdorf und in Bornheim an der Heiligersstraße, in der Nähe der Roisdorfer Pfarrkirche.
In Bornheim wurde zwar beabsichtigt, den ersten Bauabschnitt bis zum Stadtbahnhaltepunkt Rathaus bis 2023 fertig zu bauen, doch diese Planung scheiterte vorerst. Der Grund lag an den Grundstücksverhandlungen mit einem Eigentümer, dem die Stadt einen Kaufpreis vorschlug, der die aktuellen Bodenpreise in diesem Bereich weit unterschritt. Daraufhin versuchte der Stadtrat und die Verwaltung im März 2023 mit einem Bebauungsplanverfahren eine Rechtsgrundlage zu schaffen, den Eigentümer zu enteignen. Der NABU und insbesondere der BUND für Umwelt und Naturschutz hatten frühzeitig dafür geworben, eine Trassenplanung und Entwurfsausgestaltung zu entwickeln, die abgestimmt mit den Belangen des Gewässerschutzes, des Artenschutzes, des Biotopverbundes und des Klimaschutzes erfolgt und entsprechend querschnittsorientiert damit optimiert würde. Ein diesbezügliches vom Wasserverband Südliches Vorgebirge und vom zuständigen Fachausschuss des Stadtrat 2016 beschlossenes Planfeststellungsverfahren, für die nach EU-Richtlinien bis 2027 erforderliche Renaturierung des Roisdorf-Bornheimer Baches, gemeinsam mit der Planung für die RPR vorzunehmen wurde aber 2017 von der Verwaltung nicht weiterverfolgt. Mit der simplen Begründung, das Verfahren würde zu lange dauern.
Jetzt hat die Stadt sich mit dem Grundeigentümer geeinigt und den gesamten Bereich hinter der Roisdorfer Wolfsburg gekauft. Auch soll der Radweg dort verschwenkt werden, damit für die Renaturierung des Roisdorfer Baches und der Bau einer Flutmulde genügen Fläche zur Verfügung steht.
Damit wurde im Sinne des Biotopverbunds gemäß der LANUV-Darstellung, zu den Arten- und Gewässerschutzbelangen am Roisdorfer Bach, Rechnung getragen. Hätte damals der Stadtrat nicht den Vorschlägen der Verwaltung gefolgt und hätte das Planfeststellungsverfahren weiter betrieben, hätte man heute längst eine mit den Umweltverbänden, dem Wasserwirtschaftsverband Südliches Vorgebirge und den Roisdorfern Anliegern abgestimmte und eingehend erörtertet rechtsichere Planung im Rathaus. Doch damals glaubte man noch über die Köpfe der Bürgerschaft und den Trägern öffentlicher Belange quasi: „par ordre du Mufti“, einfach schnell einen neuen Radweg in Roisdorf bauen zu können. Dies ist gründlich schief gegangen.
Probleme aufgereiht wie an einer Perlenkette
Das fing an mit dem Bau der RPR zwischen der Roisdorfer Brunnenallee und der Heiligersstraße. War zu Beginn der Baumaßnahme die getrennte Radwegeführung im Bereich des Roisdorfer Baches zwischen Pützweide und Brunnenallee eine gute und praktikable Vorgehensweise, so führte beim Weiterbau der RPR, zwischen Pützweide und Heiligersstraße, wo nur eine gemeinsame Wegeführung von Rad- und Gehweg möglich ist, dies inzwischen zu Konflikten zwischen Fußgänger und schnellen Radfahrenden.
Ich hatte vor dem Baubeginn dieses Streckenabschnittes die Verantwortlichen im Rathaus auf die Vorschriften des technischen Regelwerkes beim Radwegebau und den entsprechenden NRW-Ministererlass für die zwingende Berücksichtigung dieser Vorgaben hingewiesen. Die Vorgaben im Regelwerk ERA schlagen für einen nicht an einer Kfz-Straße liegenden, gemeinsamen Rad-Gehweg in einer Grünzone die Mindestbreite von 5 Metern vor. Je 2,50 Meter für Fußgänger und Radfahrer.
radwege in Luxemburg Stadt: Je 2,50 meter für Radfahrer und Fußgänger
Obwohl die Stadt Bornheim über genügend Fläche in diesem Bereich verfügt und durch Zukauf erwerben konnte, wurde nur eine 3.80 m breite Fahrbahn auf der Lüste gebaut, die sich im Bereich bis zur Heiligersstraße auf 3,45 m weiter verringert. Nach meiner Auffassung ein glatter Verstoß gegen einen Ministererlass aus dem Jahre 2014 und gegen das Sicherheitsbedürfnis unserer mobilitätseingeschränkten Seniorinnen und Senioren bei ihren Spaziergängen in Roisdorf.
Es lag der Verdacht nahe, dass im eigentlichen Förderbescheid für die Stadt Bornheim von den zuständigen Stellen einfach der Runderlass des Ministers vom Dez. 2014 nicht aufgenommen und in diesem Förderbescheid nicht auf den Punkt 4.4 der Förderrichtlinien hingewiesen wurde, dass das technische Regelwerk ERA in NRW anzuwenden ist. Der Text im Runderlass lautet:
„Die anerkannten Regeln der Technik sind einzuhalten. Insbesondere sind …die Empfehlungen für die Radverkehrsanlagen ERA der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) in der jeweils gültigen Fassung zu berücksichtigen.“
Eine Überprüfung und Ermittlung der behördeninternen Vorgänge bei der Bewilligung der 1,8 Mio. Euro hohen Förderung der RPR mit Bundes- und Landesmittel wurde aufgrund einer Sachdarstellung der Stadt Bornheim vom Verkehrsministerium NRW mir gegenüber zurückgewiesen. Jetzt liegt eine von mir eingereichte Petition dem NRW-Landtag vor. Zwecks weiterer Prüfung und Ermittlung der Vorgänge rund um die Mittelvergabe für den Bau der Radpendlerroute in Bornheim.
Es ist gut möglich, dass auch das parlamentarische Petitionsverfahren hier keinen Verstoß gegen den Ministererlass erkennt, aber was ist dann ein technisches Regelwerk in NRW noch wert, wenn von einer Stadtverwaltung mutmaßlich vorsätzlich, aus bis heute unbekannten Gründen, es nicht eingehalten wird? Den vielen Senioren aus den Roisdorfer Seniorenheimen steht nur dieser innerörtliche Naherholungsbereich entlang der Lüste für einen Spaziergang zur Verfügung. Ebenso allen Fußgängern, die zur Stadtbahn, Volksbank oder Kirche gehen.
Doch dies waren noch nicht alle Ungereimtheiten
Eine von mir als Stadtratsmitglied zweimal 2016 und 2020 beantragte öffentliche Informationsveranstaltung für die Anlieger der RPR wurde jedes Mal von den CDU, GRÜNEN, SPD, UWG und FDP Ausschussmitgliedern abgelehnt. Erst als 2021 über 100 Anlieger eine Anliegerversammlung per Bürgerantrag einforderten bequemte sich der Bürgermeister, dem Bornheimer Mobilitätsausschuss zu empfehlen, die Bürger in einer Anliegerversammlung zu informieren.
Nachdem im September 2022 mit dem Bau der RPR, ab Brunnenallee, begonnen wurde, informierte die Stadt Bornheim die Anlieger erst am 16. Januar 2023 über die Planung und die Dauer der Baumaßnahme. Wegen einer Fernreise konnte ich leider nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen und meine Bedenken und Kritik an der viel zu geringen Fahrbahnbreite der RPR öffentlich vortragen. Dies hatte ich aber schriftlich im Dezember der Straßenverkehrsbehörde mitgeteilt. Offensichtlich war aber eine Verbreiterung nun nicht mehr möglich oder nicht gewollt, weil der Auftrag an ein Straßenbauunternehmen mit den geringen Fahrbahnbreiten schon vergeben war. Hier wird deutlich, welche Folgen es hat, wenn Anlieger im Vorfeld einer Straßenplanung nicht beteiligt werden und ihre Anregungen vortragen können. Zwar konnten ab diesem Zeitpunkt die Anlieger einmal in der Woche an den Baubesprechungen als Zuhörer teilnehmen und Anregungen einbringen, aber gebracht hat dies nicht wirklich etwas. Beispielsweise:
- Warum und weshalb wurde die Fahrbahn der Radpendlerroute nur bei der Querung der Siegesstraße angehoben?
- Warum wurde ohne Information der betroffenen Anlieger vom Stadtbetrieb insgesamt 6 Bremsschwellen auf der Fahrbahn der Sieges- und Heiligersstraße montiert und nicht gleichzeitig auch auf der Brunnenallee?
- Warum wurde bei der Querung der betroffenen drei Straßen die Fahrbahn der Radpendlerroute nicht mit einem roten Fahrbahnbelag gekennzeichnet, wie dies auf vielen Querungen von Radwegen im Stadtgebiet schon praktiziert wurde?
- Warum gibt es hier kein Hinweisschild auf das Seniorenheim St. Sebastian und keine Geschwindigkeitsbegrenzung für Radfahrer? Im Bereich zwischen Wolfsburg und Pützweide nutzen Fußgänger und Radfahrer einen viel zu engen gemeinsamen Rad-Gehweg. Auf diesem Weg ist für Schnellradler eine Geschwindigkeit von 30 km/h zulässig.
So reihten sich in der Vergangenheit wie auch aktuell ein Mangel an weitere Mängel und sie werden nur teilweise gelöst. Nachdem ich einen Bürgerantrag auf Entfernung der Fahrbahnschwellen im August 2023 bei der Stadt eingereicht hatte, sind diese kurz vor der Sitzung des Bürgerausschusses Ende Oktober wieder entfernt worden. Mit der fadenscheinigen Begründung: „Die Fahrbahnschwellen waren nur für einen gewissen Zeitraum nach der Neugestaltung der RPR vorgesehen.“ Sie dienten nur der „Sensibilisierung“ des Pkw/Lkw Verkehrs, begründete die Stadt ihre Vorgehensweise. Doch warum wurde auf der vielbefahrenen Brunnenallee weder Fahrbahnschwellen noch eine Niveauanhebung des Radweges zur Sensibilisierung vorgenommen? Rettungsdienst und auch Feuerwehr hatten scharfe Kritik an diesem innerörtlichen Eingriff in den Straßenverkehr geäußert. War dies der eigentliche Grund der Schwellendemontage?
Meine Meinung:
Eine einladende, sichere und durchgehende Radwegeverbindung von Bornheim nach Bonn ist sicherlich ein attraktives Angebot für körperlich fitte Berufstätige. Statt mit dem Auto oder dem ÖPNV bei trockenem Wetter sportlich zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen ist für viele Menschen verlockend. Dies wurde weder von mir noch von den Umweltverbänden in Frage gestellt. Es gab auch keine finanziellen Bedenken in Bornheim für einen rund 2 Mio. Euro teuren Straßenneubau, weil 80 Prozent davon mit Bundes- und Landesmitteln bezuschusst werden. Erst als Bürgermeister Christoph Becker und der Stadtrat, ohne Beteiligung der Bornheimer Anlieger, der Roisdorfer Bürgerschaft und den Naturschutzverbänden BUND und NABU eine Ausführungsplanung durch die Gremien boxte, stieg Unmut in der Bürgerschaft und bei den Umweltverbänden auf.
Hier erkennt man deutlich was passiert, wenn die Anlieger nicht rechtzeitig mit in die Entwurfsplanung einer Straßenbaumaßnahme einbezogen werden. Dies geschah in Roisdorf nicht zum ersten Male. 2013 beim Neubau der Friedrichstraße lief es ähnlich ab. Nur wurde hier durch rechtzeitige Beteiligung der Anlieger und in von mir als damaliger Ortsvorsteher und von Anliegern privat einberufen Anliegerversammlungen die schlimmsten Auswüchse der damaligen städtischen Entwurfsplanung verhindert. Zu verdanken war dies der aktiven Mitarbeit vieler Anlieger, insbesondere von Herrn Winand Flohr, und auch von Seiten der Stadt unter der damaligen Führung von Bürgermeister Wolfgang Henseler (SPD). Es geht also auch anders. HSt.